Liebt Gott uns trotzdem?
Die meisten von uns lesen die Bibel schon seit vielen Jahren. Es tut gut, die vertrauten Verse zu lesen und sich in sie einzuhüllen, als wären sie eine warme Decke. Dabei kann es vorkommen, dass unsere Vertrautheit bewirkt, dass wir wichtige Details übersehen. Wenn wir sie mit wachen Augen und aus einem neuen Blickwinkel lesen, kann der Heilige Geist uns helfen, mehr zu erkennen und uns möglicherweise auch an Dinge erinnern lassen, die wir vergessen haben.
Als ich wieder einmal in der Apostelgeschichte las, stiess ich auf eine Stelle, die Sie vielleicht auch schon gelesen haben, ohne ihr grosse Beachtung geschenkt zu haben: «Und vierzig Jahre lang ertrug er sie in der Wüste» (Apostelgeschichte 13,18 1984). Ich hatte diese Stelle in meiner Erinnerung und so gehört, dass Gott die jammernden und klagenden Israeliten ertragen musste, als wären sie eine grosse Last für ihn gewesen.
Doch dann las ich die Verweisstelle: «Und ihr habt auch erlebt, wie der Herr, euer Gott, euch auf dem Weg durch die Wüste geholfen hat. Bis hierher hat er euch getragen wie ein Vater sein Kind» (5. Mose 1,31 Hoffnung für Alle).
In der neuen Luther-Bibelübersetzung 2017 heisst es neuerdings: «Und vierzig Jahre lang trug er sie in der Wüste» (Apostelgeschichte 13,18) oder wie der MacDonald-Kommentar erklärt: «Für jemandes Bedürfnisse Sorge tragen». Das tat Gott zweifellos für die Israeliten trotz all ihres Murrens.
Mir ist ein Licht aufgegangen. Selbstverständlich hatte er für sie gesorgt, sie hatten Nahrung, Wasser und Schuhe, die nicht verschlissen. Obwohl ich wusste, dass Gott sie nicht verhungern liess, ist mir nie bewusst geworden, wie nah und innig er mit ihrem Leben verbunden war. Es war so ermutigend zu lesen, dass Gott sein Volk getragen hat, wie ein Vater seinen Sohn trägt.
Manchmal haben wir das Gefühl, Gott könne uns nur schwer ertragen oder dass es ihm leid wird, sich unser und unserer andauernden Probleme anzunehmen. Unsere Gebete scheinen immer wieder dieselben zu sein und wir verfangen uns immer wieder in altbekannten Sünden. Selbst wenn wir manchmal nörgeln und uns wie undankbare Israeliten benehmen, sorgt Gott für uns, ungeachtet wie sehr wir jammern; andererseits bin ich mir sicher, dass er es lieber hätte, wenn wir ihm danken würden, statt uns zu beklagen.
Christen im vollzeitigen Dienst aber auch alle Christen, die in irgendeiner Weise Menschen dienen und zur Seite stehen, können müde werden und ausbrennen. In dieser Situation fängt man an, seine Geschwister als unerträgliche Israeliten anzusehen, was dazu verleiten mag, deren «nervige» Probleme auf sich zu laden. Etwas zu ertragen bedeutet, eine Sache zu tolerieren, die man nicht mag oder etwas zu akzeptieren, was schlecht ist. Gott sieht uns nicht so! Wir alle sind seine Kinder und bedürfen der respektvollen, mitfühlenden und liebevollen Fürsorge. Mit seiner Liebe, die durch uns fliesst, können wir unsere Nächsten lieben, statt sie nur zu ertragen. Wenn notwendig, werden wir fähig sein, jemanden zu tragen, wenn dessen Kräfte auf dem Weg nicht mehr ausreichen.
Lassen Sie sich daran erinnern, dass Gott nicht nur für sein Volk in der Wüste sorgte, sondern auch Sie ganz persönlich auf seinen liebenden Armen hält. Er trägt Sie immer weiter und hört nicht auf, Sie zu lieben und zu versorgen, selbst wenn Sie klagen und vergessen, dankbar zu sein. Gottes bedingungslose Liebe umgibt Sie in Ihrem ganzen Leben, ob Sie sich dessen bewusst sind oder nicht.
von Tammy Tkach