Pfingsten: Beginn einer neuen Zeit
Die Jünger Jesu hatten mit eigenen Augen mehr Wunder gesehen, als sich die meisten Menschen überhaupt vorstellen können. Drei Jahre lang hörten sie Jesu Botschaft. Leider verstanden die Jünger diese nicht wirklich. Sie blieben bei Jesus, weil sie ihm vertrauten und von seiner Liebe zu ihnen beeindruckt waren. Als Jesus gekreuzigt und begraben wurde, brach für sie eine Welt zusammen. Ihre Hoffnung starb und wurde mit ihm begraben. Die frühere Begeisterung wich nun der Angst. Aus Furcht verschlossen sie ihre Türen und überlegten sogar, in ihr früheres Leben zurückzukehren. Wir können heute zwar nachlesen, was geschah, aber es ist schwierig, wirklich nachzuempfinden, was die Jünger nach der Auferstehung Jesu fühlten.
Plötzlich stand Jesus mitten unter ihnen. Er zeigte ihnen durch eindeutige Zeichen, dass er tatsächlich lebte. Was für ein Augenblick! Wie konnten sie so etwas begreifen? Denn Tote stehen nicht auf, sprechen nicht, essen nicht und erscheinen auch nicht einfach in einem verschlossenen Raum. Alles, was sie sahen, hörten und mit eigenen Händen berührten, stellte ihr bisheriges Verständnis der Realität völlig auf den Kopf. Es war unfassbar, verwirrend und zugleich voller neuer Hoffnung.
Als Jesus vor ihren Augen in den Himmel aufgenommen wurde, standen sie sprachlos da und blickten ihm nach. Zwei Engel traten zu ihnen und sagten: «Männer aus Galiläa, warum steht ihr hier und starrt zum Himmel? Jesus ist von euch fort in den Himmel geholt worden. Eines Tages wird er genauso wiederkommen, wie ihr ihn habt fortgehen sehen» (Apostelgeschichte 1,11 Neues Leben Bibel).
Die Jünger kehrten zurück und waren nicht mehr dieselben wie zuvor. Sie erkannten, dass eine grosse Aufgabe, eine wichtige Mission und tiefgreifende Veränderungen vor ihnen lagen. Sie wussten, dass sie diese nicht aus eigener Kraft bewältigen konnten. Im Gebet und mit einem neuen geistlichen Verständnis begannen sie, einen Nachfolger für Judas Iskariot zu suchen. Sie brauchten göttliche Weisheit, Führung und Kraft – eine Kraft, die ihr Innerstes erneuern konnte. Nur Gott selbst konnte sie für eine solch bedeutende Aufgabe ausrüsten. Sie brauchten den Heiligen Geist.
Ein christliches Fest
Der Pfingsttag war ursprünglich ein jüdisches Fest, das fünfzig Tage nach dem Passah gefeiert wurde. Dabei wurden die ersten Früchte der Weizenernte als Dankopfer dargebracht. Die jüdische Tradition verband dieses Fest zudem mit der Gesetzgebung am Berg Sinai.
Kein symbolisches Ritual konnte die Jünger darauf vorbereiten, dass sie plötzlich in fremden Sprachen sprechen würden. Gott handelte auf völlig neue Weise: «Als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab» (Apostelgeschichte 2,1-4).
Eine Menschenmenge aus vielen Nationen war zum Pfingstfest in Jerusalem versammelt. Als Reaktion auf die Erfüllung mit dem Heiligen Geist begannen die Anwesenden (nicht nur die zwölf Apostel) in anderen Sprachen zu reden. Es waren Sprachen, die sie nie gelernt hatten, und sie sprachen diese Sprachen, wie der Geist sie ihnen eingab.
Petrus zitierte die Prophezeiung Joels und erklärte die ungewöhnlichen Ereignisse von Pfingsten: «Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgiessen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgiessen, und sie sollen weissagen» (Apostelgeschichte 2,17-18).
Im jüdischen Verständnis stehen «die letzten Tage» für Verheissungen über den Messias und Gottes Reich. Petrus verkündete somit den Beginn eines neuen Zeitalters. Spätere Schriften verdeutlichen, dass das Zeitalter des Glaubens, der Wahrheit, des Geistes und der Gnade das Zeitalter des Gesetzes abgelöst hat: «Ehe aber der Glaube kam, waren wir unter dem Gesetz verwahrt und eingeschlossen, bis der Glaube offenbart werden sollte» (Galater 3,23).
Auch heute stellen wir wie damals die Frage: «Was bedeutet das?» Wir hören auf Petrus: «Es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgiessen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben» (Apostelgeschichte 2,17). Gott ist bereit, allen Menschen den Heiligen Geist zu schenken.
Unsere Antwort
Jesus lehrte: «Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Busse und glaubt an das Evangelium» (Markus 1,15). Was tun wir also in diesem neuen Zeitalter? Wir verkünden Christus, genau wie Petrus. Nicht die äusseren Phänomene stehen im Mittelpunkt, sondern Jesus Christus selbst. Wie sollen wir reagieren? Petrus sagt: «Tut Busse, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen» (Apostelgeschichte 2,38).
Nach ihrer Umkehr, nachdem sie Jesus als Erlöser und Retter angenommen hatten, änderte sich ihr Verhalten deutlich: «Sie verharrten in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet» (Apostelgeschichte 2,42).
Lehren aus Pfingsten
Welche Lehren können wir heute aus den Ereignissen von Pfingsten ziehen?
Die Notwendigkeit des Heiligen Geistes: Ohne den Geist Gottes können wir das Evangelium nicht verkünden. Jesus befahl seinen Jüngern, allen Nationen seine Botschaft zu bringen – aber zuerst sollten sie warten: «Siehe, ich sende auf euch, was mein Vater verheissen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe» (Lukas 24,49). Auch heute braucht die Kirche dringend die Kraft des Heiligen Geistes.
Die Vielfalt der Kirche: Das Evangelium gilt allen Völkern. Jesus ist der zweite Adam und der Same (Nachkomme) Abrahams: «Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden» (1. Korinther 15,22). Paulus stellt dem ersten Adam aus dem Garten Eden den zweiten Adam gegenüber: Jesus Christus! Der erste Adam ist stellvertretend das Oberhaupt von allen Menschen, die zur alten Schöpfung gehören. Christus ist das Oberhaupt von allen Menschen, die zur neuen Schöpfung gehören. Ein Haupt handelt für alle, die ihm unterstellt sind. Die Verheissungen gelten der ganzen Menschheit. Die vielen Sprachen an Pfingsten zeigen die weltweite Dimension.
Ein neues Zeitalter: Petrus bezeichnete die Zeit seit Pfingsten als «die letzten Tage». Wir nennen es heute oft das Zeitalter der Gnade, der Wahrheit oder des Neuen Bundes. Gott handelt nun durch den gekreuzigten und auferstandenen Christus und bietet allen Menschen Rettung und Vergebung an: «Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, da ja Gottes Geist in euch wohnt. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen» (Römer 8,9-10). Wer glaubt, hat bereits Anteil am Leben der kommenden Welt, denn der Heilige Geist wohnt in uns.
Die Einheit im Geist: Der Heilige Geist verbindet alle Gläubigen zu einem Leib: «Alles hat er unter seine Füsse getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt» (Epheser 1,22-23).
Die Kirche wächst, wenn Jesus Christus verkündet wird. Diese Gemeinschaft zeichnet sich durch Jüngerschaft, Mahlfeier und Gebet aus. Diese Taten retten uns nicht selbst, sie sind vielmehr Ausdruck unseres neuen Lebens, das uns der Geist schenkt. Der Heilige Geist gibt uns Freude am Heil, Ausdauer in Schwierigkeiten und eine Liebe, die kulturelle Unterschiede überwindet.
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Bürgerinnen und Bürger im Reich Gottes. Ich wünsche Ihnen Gottes reichen Segen zum Pfingstfest – dem Fest des Neuen Bundes. Dieser Bund wurde durch das Leben, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi erneuert und lebt durch die Gegenwart des Heiligen Geistes, der in uns wohnt.
von Joseph Tkach
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