Glaube ist Beziehung
Gott war niemals allein. Er existiert seit Ewigkeit als vollkommene Gemeinschaft: «Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort» (Johannes 1,1). Die frühe Kirche bezeichnete diese göttliche Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist als «Perichorese». Es ist ein gegenseitiges Innewohnen in vollkommener Einheit und Hingabe. Wahre Liebe braucht immer ein Gegenüber, wie Paulus eindrucksvoll schildert: «Denn in ihm (Jesus) hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in der Liebe» (Epheser 1,4).
Gottes Schöpfungsziel war von Anfang an, die Menschen in seine Familie aufzunehmen und die innige Beziehung zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist mit uns zu teilen. Er hat uns nicht geschaffen, um sich selbst zu verherrlichen, sondern damit wir seine Liebe erfahren und weitergeben: «Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm» (1. Johannes 4,16). Wenn wir Gottes Liebe erkennen, lässt Gott in uns sein Glaube entstehen und lässt ihn wachsen.
Problem der Sünde
Durch den Ungehorsam von Adam und Eva kam die Sünde in die Welt. In biblischer Sicht bedeutet Sünde die Übertretung eines von Gott gegebenen Gebotes. Gott schenkt Leben – wer sich jedoch von ihm entfernt und sündigt, trennt sich selbst von der Lebensquelle, gerät in den Herrschaftsbereich des Bösen und verliert die Verbindung zur göttlichen Quelle: «Siehe, des Herrn Arm ist nicht zu kurz, dass er nicht helfen könnte, und seine Ohren sind nicht taub geworden, sodass er nicht hören könnte, sondern eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott, und eure Sünden verbergen sein Angesicht vor euch, dass ihr nicht gehört werdet» (Jesaja 59,1-2).
Die Trennung von Gott ist die eigentliche Krankheit, während einzelne Sünden und moralische Vergehen lediglich Symptome dieser zugrunde liegenden Störung darstellen. Ist Glaube also Voraussetzung, damit die Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt werden kann? Keineswegs. Die Liebe des Vaters gilt Mördern, Verbrechern, Diktatoren und allen anderen Sündern ebenso wie den Gläubigen. Er liebt jeden Menschen so vollkommen, wie er Jesus liebt. Hat Jesus sein Leben für uns hingegeben, weil wir seine Freunde waren oder weil wir Gott mit unseren guten Werken beeindruckt haben? Nein! «Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren» (Römer 5,8).
Gott liebt die Menschen, die er nach seinem Ebenbild geschaffen hat – nicht jedoch die Sünde selbst. Die Menschwerdung Gottes war nicht notwendig, damit er uns endlich wieder lieben kann, sondern sie geschah, weil er uns von Anfang an geliebt hat: «Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung» (2. Korinther 5,19). In seinem Sohn Jesus hat der Vater die ihm feindlich gesinnte Menschheit mit sich selbst versöhnt.
Definition des Glaubens
Der Begriff «Glaube» wird ausschliesslich aus menschlicher Sicht gebraucht. Für Gottes Einstellung gegenüber der Welt verwenden wir Begriffe wie Liebe, Erbarmen, Güte, Gerechtigkeit und Treue. Die ersten Christen bezeichneten sich selbst als «die Glaubenden», und den Weg, ein Christ zu werden, nannten sie «Zum-Glauben-Kommen». Was genau der Begriff «Glauben» bedeutet, werden wir anhand von drei Aspekten betrachten.
Für wahr halten
Ein wesentlicher Bestandteil unseres Glaubens ist, dass wir Glaubensinhalte «für wahr halten». So glauben Christen zum Beispiel, dass Jesus gestorben und auferstanden ist: «Als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen» (1. Korinther 15,3-5). Paulus überlieferte den Gläubigen in Korinth diese grundlegende Wahrheit, und sie nahmen die Wahrheit im Glauben an.
Glauben heisst wissen
Der zweite Punkt ist das Verhältnis von Glauben und Wissen. Umgangssprachlich wird der Begriff «glauben» verwendet, um hervorzuheben, dass sich etwas nur annehmen und vermuten lässt, wie in der Redewendung: Glauben heisst nicht wissen. Der Hebräerbrief beschreibt, was unter Glauben verstanden werden sollte: «Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht» (Hebräer 11,1).
Unser Sehvermögen ist das Sinnesorgan, das uns den Beweis für die Existenz der materiellen Welt gibt. Das geistliche Gegenstück dazu ist das unbegrenzte Vertrauen in Gott und in die Existenz der zukünftigen, unsichtbaren und geistlichen Welt. Glauben bedeutet, sich an das halten, was man nicht sieht, als würde man das Unsichtbare sehen.
Glauben ist Vertrauen
Es geht beim Glauben nicht nur um Überzeugungen und Tatsachen, sondern vor allem und zuerst um Personen. Wir sprechen als Glaubende von dem in Christus begründeten Glauben: «Und gross ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit» (1. Timotheus 3,16).
Jesus Christus ist das Geheimnis des Glaubens! Jesus hat immer wieder die Leute aufgefordert, ihm zu vertrauen. Wenn wir das Werk Gottes tun wollen, beginnt es damit, Jesus zu vertrauen. Demjenigen, der sich vorbehaltlos Gott anvertraut, wird von ihm begnadigt und frei gesprochen: «Dem aber, der nicht mit Werken umgeht, aber an den glaubt, der den Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit» (Römer 4,5). Glaube ist also ein Beziehungsbegriff – wie Liebe setzt er ein Gegenüber voraus.
Ursprung des Glaubens
Bevor wir den Ursprung des Glaubens betrachten, wollen wir zuerst klären, was er nicht ist. Glaube ist keine Voraussetzung und Vorbedingung, die der Mensch aus eigener Kraft erfüllen muss oder erfüllen kann, um Gemeinschaft mit Gott zu erlangen.
Glaube entsteht aus Gottes Gnade
Der Glaube wurzelt in Gottes Gnade und Liebe. Ohne ein vorhergehendes göttliches Wirken könnten wir nicht glauben, weil unsere Herzen verhüllt sind: «Aber ihr Sinn wurde verstockt. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt diese Decke über dem alten Bund, wenn daraus gelesen wird; sie wird nicht aufgedeckt, weil sie in Christus abgetan wird» (2. Korinther 3,14).
Vor unserer Bekehrung waren wir alle mit einem Schleier verhüllt, wie die Juden zur Zeit Jesu. Diese Decke kann nur der Vater wegnehmen: «Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage» (Johannes 6,44).
Kein Mensch kann aus sich heraus bereuen. Wenn wir Reue über unsere Sünden oder Glauben hervorbringen, ist dies ein Zeichen dafür, dass Gottes Geist bereits in uns gewirkt hat.
Glaube ist ein Geschenk
Der Glaube selbst ist das Leben in Beziehung mit Gott und zugleich ein Geschenk: «Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme» (Epheser 2,8-9). Diese Bibelstelle bezieht sich nicht allein auf die Gnade. Die gesamte vorausgegangene Aussage über die Errettung schliesst den Glauben als einen wesentlichen Bestandteil ein. Wenn Menschen aufgefordert werden zu glauben, dann gehört selbst dieser Glaube zu der rettenden Gabe Gottes und kann nicht aus eigener Kraft hervorgebracht werden.
Glaube kommt aus der Predigt
Biblischer Glaube hat seinen Ursprung immer unmittelbar in Gottes Wort. Alles, was nicht auf dem Wort Gottes basiert, ist kein biblischer Glaube: «So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi» (Römer 10,17).
Glaube kommt aus der Predigt: «Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden? Wie denn geschrieben steht: Wie lieblich sind die Füsse der Freudenboten, die das Gute verkündigen!» (Römer 10,14-15).
Voraussetzung für die Verkündigung ist, dass der Freudenbote die Gute Nachricht, Gottes Gnade, Liebe und das Evangelium Jesu Christi predigt. Nach seiner Auferstehung sprach Jesus zu seinen Jüngern: «Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!» (Johannes 20,21-22).
Jeder, der Jesus Christus als seinen Erlöser angenommen hat und in seinem Herzen glaubt, dass Gott, der Vater, Jesus von den Toten auferweckt hat, der erkennt, anerkennt und bekennt diesen Jesus als den von Gott eingesetzten Herrn: «Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet» (Römer 10,9).
Sind wir Christen bereit, unseren Kreis zu verlassen und zu denen zu gehen, die Jesus noch nicht kennen? Die meisten von uns – mich eingeschlossen – dürfen mutiger werden, anderen von Jesus zu erzählen. Wir wurden durch den unvergänglichen Samen des Wortes Gottes wiedergeboren: «Denn ihr seid wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt» (1. Petrus 1,23). Gottes Wort bringt eine Veränderung im Inneren hervor und führt zu einer neuen geistlichen Geburt.
Das Gleichnis vom Sämann
Unsere Aufgabe ist es, dieses Wort zu säen, zu predigen und zu bezeugen. Wie tun wir das? Das Gleichnis vom Sämann gibt die Antwort: «Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen» (Markus 4,3).
Der Sämann – Jesus – säte das Wort (Vers 14). Das Problem ausbleibender Frucht ist nicht der Same und nicht die Methode der Verkündigung, sondern das Wesen des Bodens.
Der Weg – Das Wort Gottes wird zwar gehört, aber sofort vom Satan weggenommen. Keine Chance zur Wurzelbildung.
Der felsige Boden – Begeisterung beim Hören, doch ohne Tiefe. Bei Schwierigkeiten weicht der Glaube schnell.
Der von Dornen überwucherte Boden – Gottes Wort wird erstickt durch Sorgen, Reichtum und Begierden. Es bleibt fruchtlos.
Der gute Boden – Das Wort wird aufgenommen, verstanden und bringt das Dreissigfache, das Sechzigfache oder das Hundertfache der Aussaat als Ertrag ein.
Wir sollen das Wort freimütig ausstreuen, ohne die Zuhörer im Voraus zu beurteilen – nur Gott kennt den Boden ihrer Herzen. Ob das Ausstreuen Frucht bringt, liegt nicht am Samen, denn die Qualität des Samens ist immer gut und das Wort Gottes hat Kraft. Auf gutem Boden bringt der Same Frucht, weil der Heilige Geist das Herz vorbereitet hat. Wie der Same im guten Boden, so lebt Glaube nur in Beziehung. Das Heil kommt letztlich vom Anfang bis zum Ende ganz aus Gottes Hand.
von Pablo Nauer
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