Von Jesus angenommen

Christen verkünden oft voller Freude: „Jesus nimmt jeden an“ und „richtet niemanden“. Obgleich diese Zusicherungen gewiss wahr sind, sehe ich doch, dass man ihnen eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen beimisst. Leider weichen einige von ihnen von der Offenbarung Jesu ab, wie sie uns im Neuen Testament verkündet ist.

In Kreisen der Grace Communion International fällt oft die Formulierung: „Du gehörst dazu“. Diese schlichte Aussage bringt einen wichtigen Aspekt zum Ausdruck. Aber auch sie kann unterschiedlich ausgelegt werden (und wird es auch). Wozu genau gehören wir? Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen erfordert Sorgfalt, da wir im Glauben danach trachten müssen, vergleichbare Fragestellungen auszuklammern, damit wir akkurat und der biblischen Offenbarung treu bleiben.

Selbstverständlich rief Jesus alle zu sich, er gab sich selbst für alle sich ihm Zuwendenden hin und schenkte ihnen seine Lehre. Ja, er verhiess all jenen, die ihm zuhörten, er werde alle Menschen zu sich ziehen (Johannes 12, 32). Und in der Tat finden sich keine Belege dafür, dass er jemanden abwies, sich von jemandem abwandte oder sich jemandem gegenüber verweigerte, der an ihn herantrat. Vielmehr schenkte er auch jenen seine Aufmerksamkeit, die von den Glaubensführern seiner Zeit als Ausgestossene betrachtet wurden, und speiste sogar mit ihnen.

Besonders augenfällig ist, dass die Bibel zu berichten weiss, dass Jesus auch Leprakranke, Lahme, Blinde, Taube und Stumme willkommen hiess und mit ihnen verkehrte. Er pflegte den Kontakt mit (zum Teil fragwürdig beleumundeten) Leuten, Männer wie Frauen, und setzte sich mit der Art seines Umgangs mit ihnen über die Glaubensbestimmungen seiner Zeit hinweg. Auch mit Ehebrechern, der römischen Oberhoheit unterstehenden jüdischen Zöllnern und selbst mit fanatischen, antirömischen, politischen Aktivisten gab er sich ab.

Darüber hinaus verbrachte er seine Zeit mit Pharisäern und Sadduzäern, Glaubensführern, die zu seinen erbittertsten Kritikern zählten (und unter denen einige insgeheim schon seine Hinrichtung planten). Der Apostel Johannes berichtet uns, Jesu sei nicht gekommen, um zu verurteilen, sondern, um die Menschen um des Allmächtigen Willen zu erretten und zu erlösen. Jesus sagte: „[...] wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstossen“ (Johannes 6, 37). Er wies seine Jünger zudem an, ihre Feinde zu lieben (Lukas 6, 27), jenen zu vergeben, die ihnen Unrecht taten, und diejenigen zu segnen, die sie verfluchten (Lukas 6, 28). Bei seiner Hinrichtung vergab Jesus sogar seinen Henkern (Lukas 23, 34).

In allen diesen Beispielen kommt zum Ausdruck, dass Jesus zum Nutzniessen aller kam. Er war auf Seiten jedermanns, er war „für“ jedermann. Er steht für Gottes Gnade und Erlösung, die alle einschliesst. Die übrigen Teile des Neuen Testaments spiegeln verdichtet wider, was  
wir in den Evangelien in Jesu Leben vor Augen geführt bekommen. Paulus verweist darauf, dass Jesus auf Erden kam, um die Sünden der Gottlosen, der Sünder, jener, die „tot durch [...] Übertretungen und Sünden“ (Epheser 2, 1) waren, zu sühnen.

Die Einstellung und das Handeln des Erlösers zeugen von Gottes Liebe allen Menschen gegenüber und seinem Wunsch, mit allen ausgesöhnt zu sein und sie zu segnen. Jesus kam, um Leben zu schenken, und dies „im Überfluss“ (Johannes 10, 10; Gute Nachricht Bibel). „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“ (2. Korinther 5, 19). Jesus kam als der in ihrer eigenen Sünde und vom Übel anderer Gefangenen freikaufende Erlöser.

Aber hinter dieser Geschichte steht noch mehr. Ein „Mehr“, das keineswegs im Widerspruch bzw. im Spannungsverhältnis zu dem gerade Beleuchteten zu betrachten ist. Im Gegensatz zur Sichtweise einiger, besteht keine Notwendigkeit anzunehmen, dass es in Jesu Innersten, in seinem Denken und in seiner Bestimmung, konfligierende Positionen gibt. Es erübrigt sich, einen wie auch immer gearteten inneren Balanceakt erkennen zu wollen, der einmal der einen Richtung zustrebt und dann korrigierend der anderen. Man muss nicht glauben, dass Jesus versuchte, zwei in unterschiedliche Richtungen weisende Glaubensaspekte wie Liebe und Gerechtigkeit bzw. Gnade und Heiligkeit gleichzeitig unter einen Hut zu bringen. Derart widerstreitende Positionen mögen wir in unserer Sündhaftigkeit auszumachen meinen, aber sie wohnen dem Herzen Jesu bzw. seines Vaters nicht inne.

Wie der Vater heisst Jesus alle Menschen willkommen. Aber er tut dies mit einem bestimmten Ansinnen. Seine Liebe ist dabei richtungsweisend. Er verpflichtet alle, die ihm Gehör schenken, etwas zu offenbaren, was üblicherweise verborgen liegt. Er kam, um insbesondere ein Geschenk zu hinterlassen und allen richtungsweisend, zielorientiert zu dienen.

Sein allen entgegengebrachtes Willkommen ist weniger Endpunkt als vielmehr Ausgangspunkt einer kontinuierlichen, permanenten Beziehung. In jener Beziehung geht es um sein Schenken und Dienen und unser Annehmen dessen, was er uns offeriert. Er bietet uns nichts Veraltetes an oder dient uns auf althergebrachte Weise (wie wir es vielleicht vorziehen würden). Vielmehr bietet er uns lediglich das Beste an, was er zu geben hat. Und das ist, sich selbst. Und damit schenkt er uns den Weg, die Wahrheit und das Leben. Nicht mehr und nichts anderes.

Jesu Haltung und sein willkommen heissendes Handeln verlangen nach einer gewissen Reaktion auf das Dahingeben seiner selbst. Im Wesentlichen verlangt es die Annahme des von ihm Offerierten. Im Gegensatz zu dieser, sein Geschenk dankbar annehmenden Haltung, steht jene, die es zurückweist, was gleichbedeutend mit dem Abweisen seiner selbst ist. Indem Jesus alle Menschen zu sich hinzieht, erwartet er eine positive Resonanz auf sein Anerbieten. Und wie er zu verstehen gibt, erfordert jene positive Resonanz eine bestimmte Haltung ihm gegenüber.

So verkündete Jesus seinen Jüngern, in ihm sei das Reich Gottes nahe gerückt. Alle seine segensreichen Gaben stünden in ihm bereit. Aber er weist auch sogleich darauf hin, welche Reaktion jene so reale Glaubenswahrheit nach sich zu ziehen hat: „Tut Busse und glaubt an das Evangelium“ des kommenden himmlischen Reiches. Die Weigerung, Busse zu tun und an Jesus und sein Reich zu glauben, ist gleichbedeutend mit der Zurückweisung seiner selbst und der Segnungen seines Reiches.

Die Bereitschaft zur Busse erfordert eine demütig annehmende Haltung. Genau jene Akzeptanz seiner selbst erwartet Jesus, wenn er uns willkommen heisst. Denn nur in Demut können wir empfangen, was er offeriert. Man beachte, dass uns sein Geschenk bereits gegeben ist, noch bevor es zu einer derartigen Reaktion unsererseits gekommen ist. Es ist genau genommen jenes uns angediente Geschenk, das die Reaktion hervorruft.

Busse und Glaube sind also die Reaktionen, die das Annehmen von Jesu Geschenk begleiten. Sie stellen weder eine Vorbedingung dafür dar, noch geben sie den Ausschlag, wem er es macht. Sein Anerbieten will angenommen und nicht abgelehnt sein. Welchem Nutzen sollte eine solche Zurückweisung auch dienen? Keinem.

Das von Jesus stets herbeigesehnte, dankbare Annehmen seines Sühneopfers kommt in einer Vielzahl seiner Worte zum Ausdruck: „Der Menschensohn ist gekommen, um die Verlorenen zu suchen und zu retten“ (Lukas 19, 10; Gute Nachricht Bibel). „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Lukas 5, 31; ebd.). „Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Markus 10, 15). Wir müssen wie der den Samen vom Sämann aufnehmende Boden sein, der „das Wort mit Freuden“ annimmt (Lukas 8, 13). „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit [...]“ (Matthäus 6, 33).

Jesu Geschenk anzunehmen und damit in den Genuss seines Nutzniessens zu kommen erfordert es, anzuerkennen, dass wir verloren sind und gefunden werden müssen, dass wir krank sind und eines Arztes bedürfen, der uns heilt, dass wir ohne Hoffnung auf einen wechselseitigen Austausch mit ihm mit leeren Händen zu unserem Herrn kommen. Denn wie ein Kind dürfen wir nicht annehmen, etwas zu besitzen, dessen er bedürfte. Deshalb weist Jesus darauf hin, dass es jene sind, die „geistlich arm sind“, denen die Segnungen Gottes und sein Himmelreich zuteilwerden, und nicht jene, die sich für geistlich reich halten (Matthäus 5, 3).

Die christliche Lehre hat dieses Annehmen dessen, was Gott in seinem Grossmut seiner ganzen Schöpfung in Christus anbietet, als Geste der Demut charakterisiert. Es ist dies eine Haltung, die mit dem Eingeständnis einhergeht, dass wir nicht autark sind, sondern das Leben aus der Hand unseres Schöpfers und Erlösers empfangen müssen. Die diesem vertrauensvollen Annehmen konträr gegenüberstehende

Haltung ist die des Stolzes. Im Zusammenhang mit der christlichen Lehre manifestiert sich in Stolz das Gefühl der Autonomie von Gott, ein Vertrauen auf sich selbst allein, auf die eigene Zulänglichkeit, selbst im Angesicht Gottes. Derartiger Stolz sieht sich von der Vorstellung gekränkt, etwas von Gott zu bedürfen, was von Belang ist, und hier insbesondere seiner Vergebung und Gnade. Stolz führt dann zu jener selbstgerechten Weigerung, vom Allmächtigen etwas Unabdingbares anzunehmen, von dem man ja annimmt, selbst dafür Sorge tragen zu können. Stolz besteht darauf, alles allein bestreiten zu können und verdientermassen die daraus resultierenden Früchte zu ernten. Er beharrt darauf, nicht der Gnade und Barmherzigkeit Gottes zu bedürfen, sondern sich selbst das Leben bereiten zu können, das den eigenen Belangen genügt. Der Stolz versagt es sich, irgendjemandem bzw. irgendeiner Institution einschliesslich Gott gegenüber verpflichtet zu sein. Er bringt zum Ausdruck, dass eigentlich nichts in uns eines Wandels bedarf. So, wie wir sind, ist es gut und schön. Die Demut erkennt im Gegensatz dazu an, dass man sich selbst nicht des Lebens bemächtigen kann. Stattdessen räumt sie ein, nicht allein der Hilfe zu bedürfen, sondern auch des Wandels, der Erneuerung, der Wiederherstellung und Aussöhnung, die nur Gott allein zu gewähren vermag. Demut erkennt unser unverzeihliches Versagen und unsere äusserste Hilflosigkeit an, eine Neuerung unserer selbst herbeizuführen. Wir bedürfen der allumfassenden Gnade Gottes, oder aber wir sind verloren. Unser Stolz muss zum Ersterben gebracht werden, damit wir von Gott selbst das Leben empfangen können. Die Aufgeschlossenheit zu empfangen, was Jesus uns anträgt, und die Demut stehen untrennbar nebeneinander.

Letztendlich heisst Jesus alle willkommen, um sich selbst für sie hinzugeben. Sein Willkommen ist somit zielorientiert. Es führt irgendwo hin. Seine Bestimmung schliesst notwendigerweise ein, was die Aufnahme seiner selbst erfordert. Jesus weist uns darauf hin, dass er gekommen ist, um die Anbetung seines Vaters zu ermöglichen (Johannes 4,23). Es ist dies der umfassendste Weg, auf den Sinn seines Willkommen-Heissens und Annehmens unserer selbst hinzuweisen. Mit der Anbetung wird auf absolut unmissverständliche Weise deutlich gemacht, wer Gott als der eine ist, der unseres unverbrüchlichen Vertrauens und unserer Loyalität würdig ist. Jesu Dahingeben seiner selbst führt zum wahren Erkennen des Vaters und zur Bereitschaft, den Heiligen Geist in sich wirken zu lassen. Es führt zur alleinigen Anbetung Gottes kraft des Sohnes unter dem Wirken des Heiligen Geistes, d.h. einer Anbetung Gottes in Wahrheit und Geist. Denn durch das Dahingeben seiner selbst für uns, opfert sich Jesus als unser Herr, unser Prophet, Priester und König. Damit offenbart er den Vater und schickt uns seinen Heiligen Geist. Er gibt von sich dahin nach Massgabe dessen, wer er ist, nicht, wer er nicht ist, und auch nicht unseren Wünschen oder Vorstellungen gemäss.

Und das bedeutet, dass Jesu Weg Urteilsvermögen erfordert. So sind die ihm entgegengebrachten Reaktionen zu klassifizieren. Er erkennt jene, die ihn und sein Wort schmähen, sowie jene, die der wahren Erkenntnis Gottes sowie seiner rechten Anbetung ablehnend gegenüberstehen. Er unterscheidet zwischen jenen, die empfangen, und jenen, die nicht empfangen. Jedoch bedeutet diese Unterscheidung nicht, dass seine Haltung oder seine Absichten in irgendeiner Weise von den von uns oben beleuchteten abwichen. So besteht kein Grund anzunehmen, seine Liebe habe nach diesen Beurteilungen abgenommen bzw. sei ins Gegenteil umgeschlagen. Jesus verurteilt jene nicht, die sein Willkommen-Heissen, seine Einladung, ihm nachzufolgen, ausschlagen. Aber er warnt sie vor den Konsequenzen einer solchen Zurückweisung. Von Jesus angenommen zu werden und seine Liebe zu erfahren verlangt nach einer bestimmten Reaktion, nicht nach gar keiner oder irgendeiner Reaktion.

Die Unterscheidung, die Jesus zwischen den verschiedenen, ihm entgegengebrachten Reaktionen vornimmt, wird an vielen Stellen der Heiligen Schrift deutlich. So spricht das Gleichnis vom Sämann und der Saat (wobei die Saat für sein Wort steht) eine unmissverständliche Sprache. Es ist von vier unterschiedlichen Bodenarten die Rede, und lediglich ein Terrain steht für die von Jesus erwartete fruchtbringende Empfänglichkeit. Vielfach geht er darauf ein, wie er selbst, sein Wort bzw. seine Lehre, sein Vater im Himmel und seine Jünger entweder bereitwillig aufgenommen oder aber zurückgewiesen werden. Als eine Reihe von Jüngern sich von ihm abwandte und ihn verliess, fragte Jesus, ob auch die ihn begleitenden Zwölf es ihnen gleichtun wollten. Die berühmte Replik des Petrus lautete: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens“ (Johannes 6,68).

Jesu grundlegende Eingangsworte, die er den Menschen entgegenbringt, finden in seiner Aufforderung ihren Niederschlag: „Folgt mir nach […]!“ (Markus 1,17). Es unterscheiden sich jene, die ihm nachfolgen, von jenen, die dies nicht tun. Der Herr vergleicht die ihm Nachfolgenden mit jenen, die einer Einladung zu einer Hochzeit folgen, und stellt sie denjenigen gegenüber, die die Einladung ausschlagen (Matthäus 22,4-9). Eine ähnliche Diskrepanz offenbart sich in der Ablehnung des älteren Sohnes, dem Fest anlässlich der Rückkehr seines jüngeren Bruders beizuwohnen, obwohl sein Vater ihn eindringlich bittet, doch hinzuzukommen (Lk15,28).

Eindringliche Warnungen ergehen an jene, die sich nicht allein Jesu Nachfolge verweigern, sondern seine Aufforderung sogar insoweit ausschlagen, als sie zudem noch andere von der Nachfolge abhalten und teilweise sogar insgeheim seiner Hinrichtung den Boden bereiten (Lukas 11,46; Matthäus 3,7; 23,27-29). Diese Warnungen sind deshalb so eindringlich, weil sie zum Ausdruck bringen, was gemäss dem Warnenden nicht geschehen soll und nicht, was hoffentlich geschehen wird. Warnungen ergehen an jene, an denen uns gelegen ist, und nicht an jene, mit denen wir nichts zu tun haben. Dieselbe Liebe und Akzeptanz kommt sowohl jenen gegenüber zum Ausdruck, die Jesus annehmen, als auch jenen, die ihn ablehnen. Aber eine derartige Liebe wäre auch nicht aufrichtig, wenn sie nicht auf die unterschiedliche Reaktion und deren damit einhergehende Folgen einginge.

Jesus heisst alle willkommen und ruft sie auf, sowohl ihm aufgeschlossen entgegenzutreten als auch dem von ihm Bereitgehaltenen – der Herrschaft von Gottes Reich. Wenngleich auch das Netz weit ausgebreitet und die Saat allerorten ausgestreut ist, erfordern die Aufnahme seiner selbst, das Vertrauen auf ihn und seine Nachfolge eine bestimmte Reaktion. Jesus vergleicht sie mit dem Zuspruch eines Kindes. Er nennt eine solche Empfänglichkeit Glauben bzw. ein in ihn gesetztes Vertrauen. Dazu gehört die Reue, ultimatives Vertrauen in jemand anderen bzw. etwas anderes zu setzen. Dieser Glaube manifestiert sich in der Anbetung Gottes durch den Sohn kraft des Heiligen Geistes. Das Geschenk wird allen vorbehaltlos zuteil. Es gibt keinerlei Vorbedingungen, die etwaige Nutzniesser ausschliessen könnten. Die Entgegennahme dieses vorbehaltlos gewährten Geschenkes ist jedoch an einen Aufwand seitens des Rezipienten gekoppelt. Dieser erfordert die vollumfängliche Aufgabe seines Lebens und dessen Überantwortung an Jesus, den Vater und den Heiligen Geist mit ihm. Der Aufwand besteht nicht darin, dem Herrn etwas zu zahlen, damit dieser geneigt ist, sich für uns dahinzugeben. Es ist der Aufwand, der darin besteht, unsere Hände und unser Herz frei zu machen, um ihn als unseren Herrn und Erlöser aufnehmen zu können. Was uns kostenlos zuteilwird, ist an einen Aufwand unsererseits gebunden, damit wir seiner teilhaftig werden; denn es ist eine Abkehr vom alten, korrupten Ich erforderlich, um neues Leben von ihm zu empfangen.

Was es unsererseits erfordert, Gottes bedingungslose Gnade zu empfangen, wird in der ganzen Heiligen Schrift ausgeführt. Im Alten Testament heisst es, wir bedürften sowohl eines neuen Herzens als auch eines neuen Geistes, die uns Gott selbst eines Tages zuteilwerden liesse. Das Neue Testament berichtet uns, dass wir geistlich wiedergeboren werden müssen, eines neuen Wesens bedürfen, aufhören müssen, aus uns selbst heraus zu leben und statt dessen ein Leben unter der Herrschaft Christi führen müssen, dass wir der geistlichen Erneuerung bedürfen – neu erschaffen nach dem Bilde Christi, des neuen Adam. Pfingsten verweist nicht allein auf Gottes Aussendung des Heiligen Geists, auf dass dieser den Seinen innewohnen möge, sondern auch darauf, dass wir seinen Heiligen Geist, den Geist Jesu, den Geist des Lebens empfangen, ihn in uns aufnehmen und von ihm erfüllt sein müssen.
 
Die Gleichnisse Jesu machen deutlich, dass die von ihm erwartete Reaktion auf das Empfangen des uns von ihm angedienten Geschenkes eines Aufwandes unsererseits mit sich bringt. Halten Sie sich die Gleichnisse von der kostbaren Perle bzw. vom Kauf eines einen Schatz bergenden Ackers vor Augen. Die richtig Reagierenden müssen alles, was sie besitzen, aufgeben, um zu empfangen, was sie gefunden haben (Matthäus 13,44; 46). Diejenigen aber, die anderem Priorität einräumen – seien es Ländereien, Zuhause oder Familie – werden nicht Jesu und seiner Segnungen teilhaftig werden (Lukas 9,59; Lukas 14,18-20).

Jesu Umgang mit den Menschen macht deutlich, dass ihm nachzufolgen und aller seiner Segnungen teilhaftig zu werden die Aufgabe all dessen erfordert, dem wir vielleicht mehr Wert beimessen könnten als unserem Herrn und seinem Reich. Das schliesst den Verzicht auf das Streben nach materiellem Reichtum und dessen Besitz mit ein. Der reiche Vorsteher folgte Jesus nicht nach, weil er sich nicht von seinen Gütern trennen konnte. Folglich konnte er auch nicht das ihm vom Herrn angebotene Gut empfangen (Lukas 18, 18-23). Selbst die des Ehebruchs überführte Frau sah sich aufgerufen, ihr Leben einem grundlegenden Wandel zu unterziehen. Nachdem ihr Vergebung zuteilgeworden war, sollte sie fortan nicht mehr sündigen (Johannes 8,11). Denken Sie an den Mann am Teich Betesda. Er musste bereit sein, seinen Platz dort ebenso wie sein krankes Ich hinter sich zu lassen. „Steh auf, nimm deine Matte und geh!“ (Johannes 5,8, Gute Nachricht Bibel).

Jesus heisst alle willkommen und nimmt sie an, aber eine ihm zugewandte Reaktion belässt niemanden so, wie er zuvor war. Der Herr wäre den Menschen nicht in Liebe zugetan, wenn er sie einfach so beliesse, wie er sie bei der ersten Begegnung vorfand. Er liebt uns viel zu sehr, als dass er uns schlichtweg mit reinen Empathieoder Mitleidsbekundungen abgespeist unserem Schicksal überliesse. Nein, seine Liebe heilt, verwandelt und ändert die Lebensführung.

Kurz gesagt verkündet das Neue Testament beständig, dass die Reaktion auf das bedingungslose Anerbieten seiner selbst einschliesslich all dessen, was er für uns bereithält, damit einhergeht, dass wir uns selbst verleugnen (von unserem Selbst abkehren). Dazu gehört, unseren Stolz abzulegen, unserem Selbstbewusstsein, unserer Frömmigkeit, unseren Gaben und Fähigkeiten abzuschwören, wozu auch unsere Selbstbemächtigung unseres Lebens zählt. Diesbezüglich führt Jesus in schockierender Weise aus, dass wir, wenn es um die Nachfolge Christi geht, „mit Vater und Mutter […] brechen“ müssen. Aber darüber hinaus heisst, ihm nachzufolgen, dass wir auch mit unserem eigenen Leben brechen müssen – mit der falschen Annahme, wir könnten uns zum Herrn über unser Leben machen (Lukas 14, 26-27, Gute Nachricht Bibel). Wenn wir uns auf Jesus einlassen, hören wir damit auf, für uns selbst zu leben (Röm 14, 7-8), weil wir einem anderen zugehörig sind (1. Korinther 6,18). In diesem Sinne sind wir „Knechte Christi“ (Epheser 6,6). Unser Leben liegt vollkommen in seinen Händen, obliegt seiner Vorsehung und Führung. Wir sind, was wir in Bezug auf ihn sind. Und weil wir mit Christus eins sind, „lebe in Wirklichkeit nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ (Galater 2,20).

Jesus nimmt in der Tat jeden einzelnen Menschen an und heisst ihn willkommen. Er starb für alle. Und er ist mit allen ausgesöhnt – dies alles jedoch als unser Herr und Erlöser. Sein Willkommen-Heissen und Sich-unserer-Annehmen sind ein Angebot, eine Einladung, die eine Reaktion, eine Annahmebereitschaft erfordert. Und diese Annahmebereitschaft ist zwangsläufig daran gebunden, genau das, was er als der, der er ist, für uns bereithält, auch entgegenzunehmen – nicht mehr und nicht weniger. Das heisst, dass unsere Reaktion Bussfertigkeit einschliesst – die Loslösung von alledem, was uns daran hindert, von ihm zu empfangen, was er uns anerbietet, und was unserer Gemeinschaft mit ihm und der Freude am Leben in seinem Reich im Wege steht. Eine solche Reaktion ist mit Aufwand verbunden – aber einem Aufwand, der es gut und gern wert ist. Denn für unser Lossagen von unserem alten Ich empfangen wir ein neues Ich. Wir schaffen Raum für Jesus und empfangen mit leeren Händen seine lebensverändernde, Leben spendende Gnade. Jesus nimmt uns an, wo immer wir auch stehen mögen, um uns auf seinem Weg hin zu seinem Vater im Heiligen Geist jetzt und für alle Ewigkeit als seine vollauf gesundeten, geistlich wiedergeborenen Kinder mitzunehmen.

Wer wollte schon an etwas Geringerem teilhaben?

von Dr. Gary Deddo


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