Johannes beginnt sein Evangelium nicht wie die anderen Evangelisten. Er sagt nichts über die Art und Weise, wie Jesus geboren wurde, sondern er erzählt: «Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott» (Johannes 1,1-2).
Vielleicht fragen Sie sich, was «das Wort» bedeutet, das auf Griechisch «Logos» heisst? Johannes gibt Ihnen die Antwort: «Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit» (Johannes 1,14).
Das Wort ist eine Person, ein jüdischer Mann namens Jesus, der am Anfang bei Gott existierte und Gott war. Er ist kein geschaffenes Wesen, sondern ewig lebendiger Gott, der die ganze Schöpfung erschaffen hat: «Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist» (Johannes 1,3).
Warum erklärt Johannes diesen Hintergrund? Warum müssen wir wissen, dass Jesus ursprünglich eine Person war, die nicht nur bei Gott lebte, sondern auch Gott ist? Damit können wir verstehen, was für Konsequenzen Jesus auf sich nahm, als er sich selbst für uns erniedrigte. Als Jesus zur Erde kam, hatte er seine alles überstrahlende Herrlichkeit, was ihn als Sohn Gottes auszeichnete, für uns aufgegeben, um als Mensch uns gleich zu sein. Der Kern dieser Herrlichkeit ist die Liebe.
Der unbegrenzte Gott, der in die Grenzen der Zeit und der menschlichen Vergänglichkeit einging. Durch die Geburt Jesu offenbarte sich der allmächtige Gott in Betlehem in der Schwachheit eines neugeborenen Kindes. Jesus gab seinen Ruhm auf und lebte in bescheidenen Verhältnissen: «Obwohl er Gott war, bestand er nicht auf seinen göttlichen Rechten. Er verzichtete auf alles; er nahm die niedrige Stellung eines Dieners an und wurde als Mensch geboren und als solcher erkannt» (Philipper 2,6-7 Neues Leben Bibel).
Jesus ist immer bereit, seinen eigenen Ruhm und seine Ehre beiseitezulegen, um uns zu retten. Bei Ruhm geht es nicht um Macht und Ansehen. Wahre Grösse liegt nicht in Stärke oder Geld. «Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet» (2. Korinther 8,9). Gottes Grösse zeigt sich in seiner bedingungslosen Liebe und in seiner Bereitschaft zu dienen, das zeigt das Ereignis der Geburt Jesu.
Denken Sie an die Umstände der Geburt Jesu. Er kam nicht, als das jüdische Volk eine starke Nation war, sondern als sie von dem Römischen Reich verachtet und regiert wurden. Er kam nicht in die wichtigste Stadt, er wuchs in der Region in Galiläa auf. Jesus wurde unter peinlichen Umständen geboren. Es wäre für den Heiligen Geist genauso einfach gewesen, in einer verheirateten Frau ein Baby zu erschaffen, wie in einer unverheirateten Frau. Schon bevor Jesus geboren wurde, befand sich Jesus in einer schwierigen Situation. Lukas erzählt uns, dass Joseph nach Bethlehem reisen musste, um bei der Volkszählung gezählt zu werden: «Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heisst Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen liesse mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger» (Lukas 2,4-5).
Gott liebte die Welt so sehr, dass er ihr seinen einzigen Sohn gab, aber die Welt wollte ihn nicht. «Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf» (Johannes 1,10). Sein Volk kannte Gott allein als einen Gott der souveränen Macht und unsichtbaren Herrlichkeit. Sie hatten den Gott missachtet, der im Garten Eden wandelte und nach seinen eigensinnigen Kindern rief. Sie hatten der Stimme Gottes nicht vertraut, die sanft und trotzdem bestimmt zu ihnen sprach. Die Welt wollte Gott nicht so annehmen, wie er sich ihnen offenbarte. Aber Gott liebte uns Menschen so sehr, obwohl wir gottlose Sünder waren: «Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren» (Römer 5,8). Daran soll uns die Geburt Jesu und auch seine grosse Demut erinnern.
Die Engel repräsentierten einen Hauch von Ehre, Herrlichkeit und Ruhm in der Krippengeschichte. Hier waren die hellen Lichter, der himmlische Chor, der Gott lobsingt: «Alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens» (Lukas 2,13-14).
Gott sandte seine Engel zu Hirten, nicht zu Priestern und Königen. Warum hat der Engel ausgerechnet den Hirten die Nachricht von Jesu Geburt überbracht? Er will uns an den Anfang mit seinem erwählten Volk erinnern, wenn er jetzt neu Geschichte schreibt. Abraham, Isaak und Jakob waren alle Hirten, Nomaden und Nichtsesshafte, die draussen lebten und umherzogen mit ihren grossen Herden. Nach jüdischer Überlieferung hatten die Hirten auf den Feldern von Bethlehem eine besondere Aufgabe, die Schafe und Lämmer zu hüten, die im Tempel für die Opfer verwendet wurden.
Die Hirten kamen eilends nach Bethlehem und fanden das neugeborene, makellose Kind von dem Johannes sagte: «Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!» (Johannes 1,29).
Hirten galten als unzivilisiert Leute, denen man nicht trauen konnte. Männer, die nach Mist, Erde, Tieren und Schweiss stanken. Menschen am Rand der Gesellschaft. Gerade diese Leute suchte der Engel Gottes aus.
Der Engel warnte Joseph im Traum, er solle nach Ägypten fliehen und dort für eine gewisse Zeit bleiben. «Da stand Joseph auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten» (Matthäus 2,5-6).
Das Christuskind wurde nach Ägypten gebracht und wurde ein Flüchtling in dem Land, das die Israeliten verlassen hatten, das Land der Sklaverei und der Ausgestossenen. Das war Jesu Schicksal, arm, verfolgt und von den Menschen verworfen zu sein, zu deren Rettung er gekommen war. Wer gross sein will, sagte Jesus, der soll ein Knecht werden. Das ist wahre Grösse, denn das ist das Wesen von Gott.
Die Geburt Jesu zeigt uns, was Liebe und wie Gottes Wesen ist. Gott lässt zu, dass wir Menschen Jesus hassen und verprügeln, weil er weiss, dass wir am besten zur Besinnung kommen, wenn wir sehen, wozu Egoismus führt. Er weiss, dass der beste Weg, das Böse zu überwinden, nicht mit Gewalt, sondern mit beharrlicher Liebe und Güte erreicht werden kann. Er wird von unseren Schlägen im Geiste nicht verletzt. Wenn wir ihn ablehnen, wird er nicht depressiv. Er wird nicht rachsüchtig, wenn wir ihm Leid zufügen. Er kann ein hilfloses Baby sein, er kann die Stelle eines gekreuzigten Verbrechers einnehmen, er kann so tief sinken, weil er uns liebt.
Als Christus sein Leben für uns hingab, war es nicht nur sein Tod, er gab sich selbst für uns hin, damit wir Armen reich werden konnten. «Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, da wir ja mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden» (Römer 8,16-17).
Jesus hat sich nicht nur unserer Armut angenommen, sondern uns auch seinen Reichtum geschenkt. Christus hat uns durch seinen Tod zu Miterben gemacht, damit wir schon jetzt unsichtbar alles erben, was er hat. Alles, was er besitzt, hat er uns vererbt. Sind wir uns dieser Tragweite bewusst?
Die Geburt Jesu hat eine wichtige Botschaft für uns, wie wir miteinander umgehen und uns verhalten sollen. Gott möchte, dass wir so sind, wie er ist, so wie Jesus war. Nicht in Erscheinung, nicht in Macht, sondern in der Liebe, Demut und Beziehung. Jesus sagte, dass ein Diener nicht grösser ist als der Herr. Wenn er, unser Herr und Lehrer, uns gedient hat, sollten wir auch einander dienen. «So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch gross sein will, der sei euer Diener» (Matthäus 20,26-28).
Lieber Leser, liebe Leserin, nutzen Sie Ihre Zeit und Ihre Ressourcen, um anderen Menschen zu helfen und zu dienen. Folgen Sie dem Beispiel Jesu und lassen Sie Jesus in Ihnen leben und schenken Sie seine Liebe und Barmherzigkeit Ihren Nächsten, damit sie ihn kennenlernen können.
von Joseph Tkach