Es gibt viele Themen, die sich für eine Predigt zu Pfingsten eignen würden: Gott wohnt in den Menschen, Gott gibt geistliche Einheit, Gott gibt neue Identität, Gott schreibt sein Gesetz in unsere Herzen, Gott versöhnt die Menschen mit sich selbst und viele weitere. Ein Thema, das sich in meinen Gedanken zur Vorbereitung auf Pfingsten dieses Jahr ausgebreitet hat, basiert darauf, was Jesus sagte, was der Heilige Geist tun würde, nachdem er auferstanden und in den Himmel gefahren sein wird.
„Er wird meine Herrlichkeit offenbaren; denn was er euch verkündigen wird, empfängt er von mir“ (Johannes 16,14 NGÜ). In diesem einen Satz steckt sehr viel. Wir wissen, dass der Geist in uns daran arbeitet, uns zu überzeugen,dass Jesus unser Herr und Retter ist. Wir wissen auch durch die Offenbarung, dass Jesus unser älterer Bruder ist, der uns bedingungslos liebt und uns mit unserem Vater versöhnt hat. Eine andere Art und Weise wie der Geist erfüllt, was Jesus sagte, ist durch seine Inspiration, wie wir in unseren Beziehungen zu den Mitmenschen die gute Nachricht weiter tragen können.
Ein gutes Beispiel hierfür sehen wir, wenn wir von der Geburt der neutestamentlichen Kirche an Pfingsten, zehn Tage nach Jesu Himmelfahrt, lesen. Jesus sagte zu seinen Jüngern, sie sollen auf diesen Tag und die Geschehnisse warten, die sich an diesem Tag ereignen würden: „Und als er mit ihnen zusammen war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheissung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt“ (Apostelgeschichte 1,4).
Weil sie den Anweisungen von Jesus gefolgt sind, konnten die Jünger das Kommen des Heiligen Geistes mit all seiner Macht bezeugen. In der Apostelgeschichte 2,1-13 wird davon berichtet und von dem Geschenk, das sie an diesem Tag erhalten haben, so wie Jesus es ihnen versprochen hat. Zuerst kam ein Geräusch eines gewaltigen Windes, dann Zungen von Feuer und dann hat der Geist seine wundersame Kraft gezeigt, indem er den Jüngern eine besondere Gabe dafür gab, die Geschichte von Jesus und das Evangelium zu verkündigen. Die meisten, vielleicht sogar alle Jünger, sprachen auf wundersame Weise. Die Leute, die sie hörten, waren fasziniert und verwundert über die Geschichte von Jesus, weil sie diese in ihrer eigenen Sprache von Menschen vernahmen, die als ungebildet und unkultiviert galten (Galiläer). Einige aus der Masse machten sich über diese Ereignisse lustig und behaupteten, die Jünger seien betrunken. Solche Spötter gibt es auch noch heute. Die Jünger waren menschlich gesehen nicht betrunken (und es wäre eine falsche Auslegung der Heiligen Schrift zu behaupten, sie seien im Geiste trunken gewesen).
Die Worte des Petrus an die versammelte Menschenmenge finden wir in der Apostelgeschichte 2,14-41. Er erklärte die Echtheit dieses wundersamen Ereignisses, in dem Sprachbarrieren auf übernatürliche Weise aufgelöst wurden, als ein Zeichen dafür, dass jetzt alle Menschen zusammen in Christus vereint seien. Als Zeichen für Gottes Liebe zu allen Menschen und sein Verlangen, dass sie alle, auch die Menschen anderer Länder und Nationen zu ihm gehören. Der Heilige Geist hat diese Botschaft in den Muttersprachen dieser Menschen ermöglicht. Der Heilige Geist ermöglicht auch heute noch, dass die gute Nachricht von Jesus Christus auf solche Art und Weise weitergegeben wird, die für alle Menschen relevant und zugänglich ist. Er befähigt normale Gläubige, dass sie auf solche Weise von seiner Botschaft Zeugnis geben, um die Herzen der Menschen zu erreichen, die Gott zu sich ruft. Dadurch verweist der Heilige Geist Menschen auf Jesus, den Herrn des Universums, der Licht auf alles und jeden in diesem Kosmos scheinen lässt. Im Glaubensbekenntnis von Nicäa 325 n. Chr. finden wir nur eine kurze Stellungnahme zum Heiligen Geist: „Wir glauben an den Heiligen Geist“. Obwohl dieses Bekenntnis viel von Gott als Vater und Gott als Sohn spricht, sollten wir nicht schlussfolgern, dass die Autoren des Bekenntnisses den Heiligen Geist kaum beachten wollten. Es gibt einen Grund für die relative Anonymität des Geistes im Nicänischen Glaubensbekenntnis. Der Theologe Kim Fabricius schreibt in einem seiner Bücher, der Heilige Geist ist das selbstbescheidene anonyme Mitglied der Trinität. Als Heiliger Geist von Vater und Sohn, sucht er nicht nach seiner eigenen Ehre, sondern ist darauf bedacht, den Sohn zu verherrlichen,der wiederum den Vater verherrlicht. Der Geist tut dies unter anderem darin, wenn er uns dazu inspiriert, befähigt und begleitet, die Mission von Jesus in unserer heutigen Welt weiterzuführen und zu erfüllen. Durch den HeiligenGeist, tut Jesus die bedeutungsvolle Arbeit und lädt uns gleichzeitig dazu ein, auf gleiche Art und Weise an ihr teilzunehmen, indem wir uns z.B. mit Menschen anfreunden, sie ermutigen, ihnen helfen und mit ihnen Zeit verbringen, so wie er es getan hat (und auch heute noch tut). Wenn es um Mission geht, dann ist er der Herzchirurg und wir sind seine Krankenpfleger. Wenn wir uns mit ihm an dieser gemeinsamen Operation beteiligen, erfahren wir die Freude von dem, was er tut und erfüllen seinen Auftrag an den Menschen.Nichts in den hebräischen Schriften oder in der religiösen Tradition des Judentums des ersten Jahrhunderts hätte die Jünger auf die einzigartige und dramatische Ankunft des Heiligen Geistes an Pfingsten vorbereiten können. Nichts im Symbol des Brotteiges (das von den Juden am Fest der ungesäuerten Brote benutzt wurde), hätte die Jünger dazu führen können, dass der Heilige Geist sie in anderen Sprachen sprechen lassen würde, um sie an diesem Tag dazu zu befähigen, die gute Nachricht weiterzusagen und sprachliche Grenzen zu überwinden. Am Pfingsttag tat Gott tatsächlich etwas Neues. Petrus verstand dies und erklärte den Menschen, dass die letzten Tage angebrochen seien (Apostelgeschichte 2,16f.) – eine Wahrheit, die viel wichtiger und bedeutsamer war, als das Wunder der Zungenrede.
Im jüdischen Denken wurde die Idee der letzten Tage mit den vielen alttestamentlichen Prophezeiungen über das Kommen des Messias und dem König- reich Gottes in Verbindung gebracht. Petrus sagte also, dass eine neue Zeit angebrochen sei. Wir nennen sie die Zeit der Gnade und Wahrheit, das Kirchenzeitalter oder die Zeit des neuen Bundes im Geist. Seit Pfingsten, nach der Auferstehung und Himmelfahrt von Jesus, wirkt Gott in dieser Welt auf eine neue Art und Weise.Pfingsten erinnert uns noch heute an diese Wahrheit. Wir feiern Pfingsten nicht wie ein altes Fest für einen Bund mit Gott. Zu feiern, was Gott an diesen Tag für uns getan hat, ist nicht Teil der Kirchentradition – nicht nur unserer Denomination, sondern auch vieler anderer.
An Pfingsten feiern wir die erlösenden Taten Gottes in den letzten Tagen, in denen ein tieferes Wirkendes Heiligen Geistes, uns dazu erneuert, verändert und ausstattet, seine Jünger zu werden. – Jene Jünger, welche die gute Nachricht in Worten und Taten, auf kleine und manchmal auch grosse Weise, weitertragen, alles zur Ehre unseres Gottes und Erlösers – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Ich erinnere mich an ein Zitat von Johannes Chrysostomos. Chrysostomos ist ein griechisches Wort, das „Goldmund“ bedeutet. Dieser Spitzname stammte von seiner wunderbaren Art des Predigens.
Er sagte: „Unser ganzes Leben ist ein Fest. Als Paulus sagte „Darum lasst uns das Fest feiern“ (1. Korinther 5,7f.), meinte er nicht das Passahfest oder Pfingsten. Er sagte, dass jede Zeit ein Fest für Christen ist... Denn, welches Gute hat sich nicht schon zugetragen? Der Sohn Gottes wurde für Sie zum Mensch. Er befreite Sie vom Tod und rief Sie zu einem Königreich. Haben Sie nicht gute Dinge erhalten – und erhalten sie noch immer? Sie können nichts anderes tun, als ihr ganzes Leben lang ein Fest feiern. Lassen Sie niemanden wegen Armut, Krankheit oder Feindschaften niedergeschlagen sein. Es ist ein Fest, alles – ihr ganzes Leben lang!“.
von Joseph Tkach