Selbstbeherrschung

412 selbstbeherrschungEinfach Nein sagen? Ich habe einen Freund. Er heisst Jimmy. Alle mögen ihn. Er ist sehr fleissig, grosszügig und hat viel Sinn für Humor. Aber Jimmy hat auch ein Problem. Vor kurzem war er auf einer Schnellstrasse unterwegs, als ein Fahrzeug schwungvoll vor ihm einscherte. Jimmy trat das Gaspedal durch und jagte dem überheblichen Fahrer nach. Als der Schuldige an einer roten Ampel anhielt, musste Jimmy voll auf die Bremse steigen. Er stieg aus und stürmte zu dem vor ihm stehenden Fahrzeug, schlug die Seitenscheibe ein, steckte seinen blutenden Arm durch das zerbrochene Fenster und bearbeitete den schockierten Fahrer mit der Faust. Doch die Rache war von kurzer Dauer. Plötzlich griff Jimmy sich an seine Brust und fiel zu Boden. Innerhalb einer Stunde musste er sich einer fünffachen Bypass-Operation am Herzen unterziehen. Jimmy fehlt es an Selbstbeherrschung. Die meisten von uns betrifft es ebenso. Es muss nicht Jähzorn sein, aber oft ist es genauso zerstörerisch – Angst, Verbitterung, Völlerei, Eifersucht, Hochmut, Begierde, Medikamentenmissbrauch, Selbstmitleid und Habsucht.

In Sprüche 25,28 wird die Selbstbeherrschung mit den Mauern einer Stadt verglichen und der Vers warnt uns vor der Gefahr, sich von Verlangen und Begierden beherrschen zu lassen: „Ein Mann, der seinen Zorn nicht zurückhalten kann, ist wie eine offene Stadt ohne Mauern“. Im Altertum wurden Städte von Mauern umgeben, um die Bürger vor feindlicher Invasion, gefährlichen Tieren und anderen unerwünschten Eindringlingen zu schützen. Wenn diese mächtigen Befestigungswerke überwunden wurden, waren die Menschen schutzlos ausgeliefert – wie wir, wenn wir unsere Emotionen und Begierden nicht unter Kontrolle haben. Wenn wir unseren selbstsüchtigen Impulsen erlauben uns zu beherrschen, so öffnen wir die Tür für Lügen, Beleidigungen, Hass, Krankheit, Beschämung, und können im Leben anderer Menschen ernst- hafte Schäden anrichten (Sprüche 21,23). Worin besteht die Antwort, um im Kampf gegen unsere zerstörerischen Wünsche bestehen zu können?

Selbstdisziplin? Willenskraft? Sich mehr bemühen? Einfach „Nein” sagen?

Das Neue Testament liefert uns einen wichtigen Hinweis, wie wir den Kampf um Selbstbeherrschung gewinnen können. Selbstbeherrschung ist eine Frucht des Heiligen Geistes (Galater 5,22-23). Es ist nicht unsere harte Arbeit, unsere Selbstdisziplin oder unsere Entschlossenheit, denn Selbstbeherrschung bringt der Heilige Geist in uns hervor. Er ist die Quelle. Das Wort ‚ Selbstbeherrschung‘ bedeutet ‚ im Griff haben‘ oder‚ etwas ergreifen‘. Der Heilige Geist schenkt uns die innere Fähigkeit, uns in den Griff zu bekommen und so zu leben, dass wir nicht von unseren selbstsüchtigen Emotionen und Begierden beherrscht werden (2. Timotheus 1,7). Wir schaffen es nicht einmal aus eigener Kraft „Nein“ zu sagen. Titus schrieb, dass die Gnade Gottes uns aufzeigt, weltliche Begierden zurückzuweisen und besonnen und gerecht in dieser Welt zu leben (Titus 2,11-12). Aber der Heilige Geist hilft uns nicht nur, einer schlechten Gewohnheit zu widerstehen. Der Heilige Geist wirkt in uns, damit wir uns verändern und ersetzt selbstsüchtige Impulse durch das begeisternde, kraftvolle Leben Jesu Christi. Wir üben Selbstkontrolle, wenn wir uns – Schritt für Schritt – entscheiden (der Heilige Geist nimmt uns nicht den freien Willen), ihn als Quelle unseres Lebens anzunehmen und nicht nach unseren Vorlieben zu leben. Wenn wir dies tun, wird unser Verhalten christusähnlich werden. Eine elektrische Glühlampe zeigt an, dass Elektrizität vorhanden ist – wir zeigen an, dass Jesus Christus unser Leben bestimmt.

Wie können wir ein selbstkontrolliertes Leben führen? Jesus zeigt uns, dass es immer einen Plan gab, wie der Mensch sein sollte. Er liess sich nicht von seinen Bedürfnissen leiten, da er sich völlig auf den Vater verliess. Durch den schwersten geistlichen Kampf, als Satan Jesus in der Wüste versuchte, bekommen wir einen Einblick, wie Selbstkontrolle funktioniert. Nachdem Jesus 40 Tage gefastet hatte, war er müde, allein und hungrig. Satan spürte, worin Jesu grösste Not bestand und ergriff diese Gelegenheit, um ihn mit dem zu versuchen, was er am nötigsten brauchte – Nahrung. Aber Jesus entgegnete: „Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“ (Matthäus 4,4). In Jesu Worten finden wir einen Schlüssel zum Training unseres Geistes dank des Innewohnens des Heiligen Geistes.

Der inwendige Vorrat

In Psalm 119,11 geht er Psalmist näher darauf ein: „Ich behalte dein Wort in meinem Herzen, damit ich nicht wider dich sündige.“ Gottes Wort muss in unseren Herzen verankert sein. Es reicht nicht, es in einem Notebook oder in einem Computerprogramm zu speichern. Es muss in uns sein. Das Wort „behalte“ wurde verwendet, wenn Schätze oder Vorräte versteckt oder gesondert aufbewahrt wurden, um für künftige Notfälle gewappnet zu sein. Wir speichern Gottes geschriebenes Wort, indem wir etwas ausüben, was sich in modernen Ohren eigenartig anhören mag – biblische Meditation. Meditation ist Nachsinnen, Nachdenken, Hören, Verinnerlichen und das wiederholte durch den Kopf gehenlassen von Bibelstellen ähnlich wie ein Hund an einem Knochen nagt. Meditation befähigt uns, Gottes Wort dort zu bewahren, wo es den grössten Einfluss auf unser Leben hat – in unseren Herzen (Sprüche 4,23). Wer die Bibel ausser Acht lässt, erlaubt, dass alte Muster falschen Denkens und zerstörerische unbeherrschte Gewohnheiten wieder die Autorität über ihn erlangen. Wenn wir unser Denken von der Schrift erfüllen und ernähren und sie in unserem Herzen Wurzeln schlagen lassen, wird Gottes Wort ein Teil von uns und das zeigt sich auf natürliche Weise in unseren Äusserungen und Handlungen.

In Epheser 6,17 vergleicht Paulus Gottes Wort mit einem Schwert: „Nehmt das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes“. Paulus hat wahrscheinlich an das Kurzschwert der Soldaten gedacht, das sie immer am Mann trugen – bereit, es jederzeit zu benutzen. Der Heilige Geist verhilft uns dazu, dass wir uns lebhaft an Schriftstellen erinnern (Johannes 14,26), indem er hineinreicht in den Vorrat der Verse, die wir durch Meditation in unseren Herzen bewahren und er hilft uns in Notlagen durch das Aufblitzen eines Wortes in unseren Gedanken oder erinnert uns auf übernatürliche Weise an einen Vers oder ein Versprechen.

Gott hat uns mit einer Vielzahl von Temperamenten, Emotionen und Wünschen geschaffen. Diese müssen alle unter Kontrolle gebracht werden oder sie werden schliesslich uns beherrschen. Selbstbeherrschung wird mit einem Dirigenten eines Symphonie-Orchesters verglichen. Unter dem Taktstock eines Dirigenten kann eine grosse Anzahl von talentierten Musikern die richtigen Noten zur richtigen Zeit mit der richtigen Lautstärke so auf ihren Instrumenten spielen, dass alles genau richtig klingt. Ebenso haben unser Verlangen und unsere Sehnsüchte ihre Berechtigung. Selbstkontrolle ist der Stab des Heiligen Geistes in unseren Herzen, unter dessen fähiger Leitung alles am rechten Platz bleibt und genau zum richtigen Zeitpunkt aufgerufen wird. Selbstbeherrscht zu sein bedeutet, vom Heiligen Geist geleitet zu sein.

Gebet: Lieber Vater, ich wünsche mir sehnlichst, ein selbstbeherrschtes Leben zu führen, jedoch ohne dich schaffe ich es nicht. Ich danke dir, dass du mir bereits alles gegeben hast, was ich benötige, um ein dir wohlgefälliges Leben zu führen (2. Petrus 1,3). Bitte erfülle mich mit innerer Stärke durch deinen Geist (Epheser 3,16), damit ich verantwortungsbewusst mit der von dir verliehenen Fähigkeit umgehen kann! Behüte meinen Mund und stärke mich, damit ich den Begierden des Leibes nicht verfalle (Römer 13,14). Befähige mich besonnen zu handeln und der zu sein, der ich wirklich bin – dein Kind (1. Johannes 3,1). Ich bin in deiner Hand. Lebe jetzt in und durch mich. In Jesu Namen Amen.

von Gordon Green

pdfSelbstbeherrschung


Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung

Diese zwei Begriffe dürfen nicht miteinander verwechselt werden. Selbstbeherrschung entsteht durch die Gegenwart des Heiligen Geistes in uns, wo hingegen Selbstdisziplin gewöhnlich durch äussere Faktoren auferlegt wird – eine Diät oder Training. Normalerweise unterziehen wir uns dabei einer Regel oder Vorschrift, deren vorübergehende Befolgung wir für notwendig erachten.