Leben unter Gottes Gnade

870 leben unter gottes gnadeDer Name unserer Kirche – Grace Communion International – beginnt mit dem Wort Gnade. Dieser Begriff beschreibt am besten unsere gemeinsame Reise mit Gott in Jesus Christus durch den Heiligen Geist. Das Wort «Gnade» erscheint 218 Mal in der Lutherbibel, doch eine klare Definition sucht man vergeblich. Ursprünglich stammt es von einem althebräischen Wort ab, das «neigen» oder «sich beugen» bedeutet. Mit der Zeit entwickelte sich seine Bedeutung zu «Gottes sich niederbeugende Huld».

Wie erleben Sie Gottes Gnade? Welche Rolle spielt sie in Ihrem Leben? Gehört Gnade zu Ihrer persönlichen Identität? Wie beeinflusst Gottes Gnade Ihre Lebensweise? Der Titel der heutigen Predigt lautet: Leben unter Gottes Gnade.

Jesus wurde Fleisch und lebte unter uns, voller Gnade:

JOH 1,14 «Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit»

Die Herrlichkeit Jesu ist voller Gnade. Gottes Gnade wirkte auch in Paulus:

1. KOR 15,10 «Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist»

Durch Gottes Barmherzigkeit wurde Paulus dank Jesu Gnade gerecht gesprochen:

TIT 3,4-7 «Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben seien nach der Hoffnung auf ewiges Leben»

Gottes Gnade definiert unsere Identität, bestimmt unser Handeln, rechtfertigt uns und schenkt Hoffnung auf ewiges Leben. Die Frage lautet: Verstehen Sie wirklich, was Gottes Gnade ist und wie sie in Ihrem Leben wirkt, nicht nur intellektuell, sondern so, dass sie Ihre Persönlichkeit prägt und Sie verändert? Viele Menschen, die Gottes Gnade begegnen, fürchten sich davor, nicht länger unter dem Gesetz zu stehen. Sie meinen, dies könne zum verantwortungslosen Sündigen verleiten. Paulus begegnete dieser Ansicht und antwortete:

RÖM 6,15 «Wie nun? Sollen wir sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind? Das sei ferne!»

Was sagen wir denen, die meinen, sie könnten leben, wie sie wollen, weil sie ja unter der Gnade stehen? Paulus setzte Gnade und Gehorsam in eine enge Beziehung:

RÖM 1,5 «Durch ihn (Jesus) haben wir empfangen Gnade und Apostelamt, den Gehorsam des Glaubens um seines Namens willen aufzurichten unter allen Heiden»

Glaube und Gehorsam erscheinen hier im selben Satz. Johannes schrieb:

1. JOH 5,3 «Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer. Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat»

Hier gehen Liebe zu Gott und Gehorsam Hand in Hand. In vielen neutestamentlichen Versen stehen Gnade, Glaube, Liebe und Gehorsam beieinander. Was verbindet diese scheinbaren Gegensätze? Es ist Jesus Christus! Jesus verkörpert Charakter, Gesinnung und den Willen Gottes. Wenn wir uns an Jesus Christus orientieren, christuszentriert leben, werden wir verwandelt:

2. KOR 3,17-18 «Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Wir alle aber spiegeln mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider, und wir werden verwandelt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist»

Leider haben viele Christinnen und Christen eine eingeschränkte Vorstellung von Jesus. Sie unterstellen sich scheinbar seinem Willen, weil es befohlen ist. Das Unterordnen ist jedoch eine tiefe Herzensangelegenheit. Es ist ein völlig neues Leben in einer christusorientierten und christuszentrierten Beziehung. Unser Leben darf von ihm vollständig bestimmt werden. Leider haben viele Menschen Jesu wahre Grösse und seine Souveränität über die ganze Schöpfung noch nicht erkannt. Gnade ist nicht die Aufhebung eines Gesetzes, einer Regel oder einer Verpflichtung! Wäre das so, würde zutreffen: «Je mehr Übertretungen, desto mehr Gnade». Dieses Missverständnis würde jedoch einen geistlichen Durchbruch verhindern.

Es ist wichtig zu verstehen:
Wir lieben und gehorchen Gott, weil er uns zuerst geliebt hat. Wir lieben auch unsere Feinde, weil Gott uns und sie zuerst geliebt hat. Gehorsam ist daher nicht blosse Unterwerfung, sondern entspringt der innigen Beziehung zu Gott. Im Johannesevangelium sahen wir bereits, dass Jesus Christus voller Gnade ist und somit Gottes Gnade personifiziert. Lesen wir weiter:

JOH 1,15-18 «Johannes zeugt von ihm und ruft: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoss ist, der hat es verkündigt»

Jesus ist Gottes Gnade und offenbart, dass Gott selbst voll Gnade ist. Er schenkt uns seine Gnade, weil er ein gebender Gott ist – ein Geschenk umsonst in Jesus Christus.

RÖM 5,15-17 «Aber nicht verhält sich’s mit der Gnadengabe wie mit der Sünde. Denn wenn durch die Sünde des Einen die Vielen gestorben sind, um wie viel mehr ist Gottes Gnade und Gabe den Vielen überreich zuteil geworden in der Gnade des einen Menschen Jesus Christus. Und nicht verhält es sich mit der Gabe wie mit dem, was durch den einen Sünder geschehen ist. Denn das Urteil hat von dem Einen her zur Verdammnis geführt, die Gnade aber hilft aus vielen Sünden zur Gerechtigkeit. Denn wenn wegen der Sünde des Einen der Tod geherrscht hat durch den Einen, um wie viel mehr werden die, welche die Fülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, herrschen im Leben durch den Einen, Jesus Christus»

In Christus erhalten wir den «Überfluss der Gnade», die «Gabe der Gerechtigkeit» und das «ewige Leben». Weiter schreibt Paulus:

EPH 2,8-9 «Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme»

Gottes Gnade ist ein unverdientes Geschenk. Sie existiert unabhängig von Sünde. Mit anderen Worten, Gott braucht keine Sünde, um gnädig zu sein. Umgekehrt beendet Sünde Gottes Güte nicht, weil Gottes Wesen Treue ist:

2. TIM 2,13 «Sind wir untreu, so bleibt er treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen»

Gottes Gnade hängt weder von unserem Verhalten noch von unserem Gehorsam oder Ungehorsam ab.

RÖM 5,6 und 8 «Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren»

Jesus starb für alle Menschen – für die heute Lebenden, für die Verstorbenen und für jene, die noch geboren werden. Er tat dies nicht nur für uns, die wir uns Christen nennen. Diese Wahrheit sollte uns demütig machen und zu aufrichtigem Dank bewegen, denn Gott liebt jeden Einzelnen, sorgt für ihn und interessiert sich für sein Leben. Darum blicken wir hoffnungsvoll dem Tag entgegen, an dem Christus wiederkehrt und allen Menschen seine Gnade offenbar wird.

Sehen wir nun, wie sich Gehorsam mit Gnade verbinden lässt. Der einzige Gehorsam, an dem Gott interessiert ist, ist der Gehorsam aus Glauben – Glaube an Gottes Treue und sein Wort.

Gehorsam muss seinen Ursprung immer im Glauben haben:

RÖM 16,25-27 «Dem aber, der euch stärken kann gemäss meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, gemäss der Offenbarung des Geheimnisses, das seit ewigen Zeiten verschwiegen war, nun aber offenbart und kundgemacht ist durch die Schriften der Propheten nach dem Befehl des ewigen Gottes, den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden, ihm, dem einzigen und weisen Gott, sei durch Jesus Christus Ehre in Ewigkeit!»

Gehorsam des Glaubens ist unsere Antwort auf Gottes Gnade! Gott ist nicht an unserer Selbstgerechtigkeit interessiert, sondern an der Gerechtigkeit, die aus Glauben kommt:

RÖM 9,30-33 «Was wollen wir hierzu sagen? Die Heiden, die nicht der Gerechtigkeit nachjagten, haben Gerechtigkeit erlangt, nämlich die Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt. Israel aber, das dem Gesetz der Gerechtigkeit nachjagte, hat das Gesetz nicht erreicht. Warum das? Weil es die Gerechtigkeit nicht aus Glauben suchte, sondern als komme sie aus Werken. Sie haben sich gestossen an dem Stein des Anstosses (das ist Jesus Christus), wie geschrieben steht: Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstosses und einen Fels des Ärgernisses; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden»


Für Paulus beruhte sein geistliches Leben nicht auf dem, was er für Jesus getan hatte, gerade tat oder künftig tun würde, sondern einzig auf dem, was Jesus für ihn vollbracht hatte:

PHIL 3,8-9 «Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, auf dass ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott kommt durch den Glauben»

Durch Jesus Christus lässt Gott uns an seiner Gerechtigkeit teilhaben. Wir nehmen dieses Geschenk an, indem wir darauf vertrauen, dass Jesus sie uns schenkt.

Wenn wir an Gottes Zusagen zweifeln, dann vertrauen wir auch nicht auf Gottes Gnade!
Wahrer Gehorsam wächst aus einem Leben des Vertrauens in die Beziehung zu Gott. Ungehorsam dagegen spiegelt Unglauben wider. Ein Leben, das Gottes Verheissungen noch nicht kennt oder ablehnt, bleibt ohne Hoffnung. Glauben wir an seine Zusagen und ihre Erfüllung, führt uns das von selbst zu einem gehorsamen Leben.

Gottes Ziel für uns ist, dass wir zur Vollkommenheit heranreifen, ihm uneingeschränkt vertrauen und ihn mit unserem ganzen Wesen lieben. Gottes vollkommene und bedingungslose Liebe bringt uns sicher ans Ziel:

PHIL 1,6 «Ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu»

Alle Zweifel, Schwächen und Sünden, die uns heute noch bedrängen, werden eines Tages überwunden sein. Es ist entscheidend, dass wir Gottes Gnade erkennen, verstehen und annehmen. Gottes Gnade soll uns in ihrer ganzen Tiefe berühren und verändern und in uns einen Gehorsam des Glaubens hervorbringen.

Wenn unser Glaube in der Gnade Gottes wurzelt, verleiht er uns die Kraft, anderen Menschen mit Güte zu begegnen – selbst dann, wenn sie uns verletzt oder enttäuscht haben. Er öffnet unser Herz, Feinde nicht abzulehnen, sondern in Liebe auf sie zuzugehen und ihnen die Hand zur Versöhnung zu reichen. Gleichzeitig vertrauen wir auf Gottes Gerechtigkeit, statt auf unsere eigene Leistung. Wir lernen, seine Güte über unsere Urteile zu stellen und uns von seinem Geist leiten zu lassen. Je stärker wir uns auf seine Gnade stützen, desto konsequenter prägt ein gehorsamer Glaube unser Denken, Reden und Handeln. Das Erscheinen von Gottes Gnade verändert uns Menschen:

TIT 2,11-14 «Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und erzieht uns, dass wir absagen dem gottlosen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des grossen Gottes und unseres Heilands, Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken»

Wir werden zu Botschaftern der Liebe Gottes. Wir spiegeln Gottes Erbarmen wider, tragen Hoffnung in eine von Konflikten geprägte Welt und fördern Versöhnung, wo Trennung herrscht. Wir entdecken, dass wahres Leben dort gedeiht, wo Gottes grenzenlose Gnade Raum erhält, unsere Herzen zu formen und durch uns sichtbar zu werden.

Danken und loben wir unseren Schöpfer für seine Liebe und seine Gnade. Danken wir ihm, dass er gnädig war, als wir noch seine Feinde waren. Als Empfänger der Gnade Gottes in Christus haben wir nicht nur Anteil an der Liebe und am Leben des Vaters durch seinen Sohn im Geist, sondern auch an Gottes Mission in der Welt. Wann Jesus mit Macht und Herrlichkeit zurückkehrt, wissen weder die Engel noch wir. Konzentrieren wir uns daher darauf, die Liebe Gottes, die durch Jesus Christus in uns wohnt, für unsere Mitmenschen sichtbar zu machen, und warten wir geduldig, bis Jesus wiederkommt.

von Pablo Nauer


Weitere Artikel über dieses Thema:

Gottes Gnade

Toleriert die Gnade Sünde?