Paulus schickte Timotheus zur Bereinigung einiger Probleme in der Glaubensvermittlung in die Gemeinde nach Ephesus. Zudem liess er ihm einen Brief zukommen, in dem er seine Mission umriss. Dieser Brief sollte vor der ganzen Gemeinde verlesen werden, damit jedes ihrer Glieder im Bilde darüber war, dass Timotheus befugt war, im Namen des Apostels zu handeln.
Paulus wies unter anderem darauf hin, was im Gemeindegottesdienst zu beherzigen sei: «So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen» (1. Timotheus 2,1). Auch sollten sie Gebete aufnehmen, die einen positiven Charakter haben, im Gegensatz zu den verächtlichen Botschaften, die in einigen Synagogen Bestandteil der Liturgie geworden waren.
Es sollte die Fürbitte nicht allein die Gemeindeglieder betreffen, sondern die Gebete sollten vielmehr für alle gelten: «Betet für die Regierenden und für alle, die Gewalt haben, damit wir in Ruhe und Frieden leben können, in Ehrfurcht vor Gott und in Rechtschaffenheit» (1. Timotheus 2,2 Gute Nachricht Bibel). Paulus wollte weder, dass die Kirche sich elitär gebärdet, noch mit einer im Untergrund agierenden Widerstandsbewegung in Verbindung gebracht wird. Als Beispiel mag auf den Umgang des Judaismus mit dem Römischen Reich verwiesen werden. Die Juden wollten den Kaiser nicht anbeten, aber sie konnten für den Kaiser bitten; sie beteten Gott an und brachten ihm Opfer dar: «Die Priester sollen dem Gott des Himmels Räucheropfer darbringen und für das Leben des Königs und seiner Söhne beten» (Esra 6,10 Hoffnung für Alle).
Die ersten Christen wurden wegen des Evangeliums und ihrer Gefolgschaft zu einem anderen Herrn willen verfolgt. So mussten sie die Staatsführung nicht noch mit regierungsfeindlichen Agitationen provozieren. Diese Haltung wird von Gott selbst gutgeheissen: «Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland» (1. Timotheus 2,3). Der Begriff «Heiland» bezieht sich in der Regel auf Jesus, so scheint er in diesem Fall auf den Vater zu verweisen.
Paulus fügt einen wichtigen Exkurs hinsichtlich Gottes Willen ein: «Welcher will, dass alle Menschen gerettet werden» (1. Timotheus 2,4). In unseren Gebeten sollten wir an die schwierigen Amtsträger denken; denn Gott selbst wünscht ihnen nichts Schlechtes. Er will, dass sie errettet werden, doch dafür ist es zunächst nötig, die Botschaft des Evangeliums anzunehmen: «Damit sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen» (1. Timotheus 2,4).
Geschieht immer alles nach Gottes Willen? Wird tatsächlich jeder Mensch errettet werden? Paulus spricht diese Frage nicht an, aber offensichtlich verwirklichen sich die Wünsche unseres himmlischen Vaters nicht immer, zumindest nicht sofort. Selbst heute, fast 2000 Jahre später, sind keineswegs «alle Menschen» zur Erkenntnis des Evangeliums gelangt, weit weniger noch haben es für sich angenommen und Errettung erfahren. Gott möchte, dass seine Kinder einander lieben, aber das ist nicht überall der Fall. Denn er will auch, dass die Menschen ihren eigenen Willen haben. Paulus stützt seine Ausführungen, indem er sie mithilfe von Begründungen untermauert: «Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus» (1. Timotheus 2,5).
Es gibt nur einen Gott, der alles und jeden erschuf. Sein Plan gilt für alle Menschen gleichermassen: Wir alle wurden nach seinem Ebenbild erschaffen, auf dass wir Gott auf Erden bezeugen können: «So schuf Gott den Menschen als sein Abbild, ja, als Gottes Ebenbild; und er schuf sie als Mann und Frau» (1. Mose 1, 27). Die Identität Gottes weist darauf hin, dass nach seinem Plan seine ganze Schöpfung geeint ist. Alle Menschen sind einbezogen.
Darüber hinaus gibt es einen Mittler. Wir alle stehen mit Gott durch den menschgewordenen Sohn Gottes, Jesus Christus in Beziehung. Der Gottmensch Jesus kann immer noch als solcher bezeichnet werden kann, da er sein menschliches Wesen nicht dem Grab überantwortete. Er ist vielmehr als verherrlichter Mensch auferstanden und als solcher gen Himmel aufgefahren; denn das verherrlichte Menschsein ist Teil seiner selbst. Da die Menschheit nach Gottes Ebenbild erschaffen wurde, waren dem Allmächtigen von Anbeginn wesentliche Aspekte des menschlichen Wesens gegenwärtig; und so ist es wenig überraschend, dass die Natur des Menschen in der göttlichen Natur Jesu zum Ausdruck kommen soll.
Als unser Mittler ist Jesus derjenige, «der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle, als sein Zeugnis zur rechten Zeit» (1. Timotheus 2,6). Einige Theologen erheben Einwand gegenüber der schlichten Bedeutung, die hinter diesem Vers steht, aber er passt gut zu Vers 7 und dem Inhalt dessen, was bei Paulus wenig später zu lesen ist: «Wir arbeiten hart und leiden dabei viel, denn unsere Hoffnung ist der lebendige Gott. Er ist der Erlöser aller Menschen, insbesondere der Gläubigen» (1. Timotheus 4,10 Hoffnung für Alle). Er starb für die Sünden aller Menschen, selbst jener, die dies noch nicht wissen. Er starb nur einmal und wartete mit seinem Handeln zu unserer Errettung nicht, bis wir daran glauben. Um es mit einem Vergleich aus dem Bereich der Finanzen zu verdeutlichen, zahlte er die Schuld selbst für die Menschen, denen dies noch nicht bewusst ist.
Was bleibt nun, da Jesus dies für uns getan hat, noch zu tun? Jetzt ist für die Menschen die Zeit gekommen zu erkennen, was Jesus für sie vollbracht hat, und das versucht Paulus mit seinen Worten zu erreichen. «Dazu bin ich eingesetzt als Prediger und Apostel - ich sage die Wahrheit und lüge nicht, als Lehrer der Heiden im Glauben und in der Wahrheit» (1. Timotheus 2,7). Nach dem Willen von Paulus sollte auch Timotheus Lehrer der Heiden im Glauben und in der Wahrheit sein.
von Michael Morrison