Als sich am Tag der Trauer, am 14. September 2001, in ganz Amerika und anderen Ländern Menschen in Kirchen versammelten, kamen sie, um Worte des Trostes, der Ermutigung, der Hoffnung zu hören. Eine Reihe konservativer christlicher Kirchenführer hat jedoch – entgegen ihrer Absicht, der trauernden Nation Hoffnung zu machen – ungewollt eine Botschaft verbreitet, die Verzweiflung, Mutlosigkeit und Angst schürte. Und zwar bei Menschen, die bei dem Anschlag Nahestehende verloren hatten, Angehörige oder Freunde, die sich noch nicht zu Christus bekannt hatten. Viele fundamentalistische und evangelikale Christen sind überzeugt: Wer stirbt, ohne sich zu Jesus Christus bekannt zu haben, und sei es nur, weil er nie im Leben von Christus gehört hat, der kommt nach dem Tod in die Hölle und muss dort unbeschreibliche Qualen leiden – von der Hand des Gottes, den dieselben Christen ironischerweise als Gott der Liebe, Gnade und Barmherzigkeit im Munde führen. „Gott liebt dich“ scheinen manche von uns Christen zu sagen, aber dann kommt das Kleingedruckte: „Wenn du nicht vor dem Tod ein grundsätzliches Umkehrgebet sprichst, wird dich mein barmherziger Herr und Heiland foltern bis in alle Ewigkeit.“
Das Evangelium Jesu Christi ist eine gute Nachricht (griech. euangélion = frohe Kunde, Heilsbotschaft), mit der Betonung auf „gut“. Es ist und bleibt die froheste aller Botschaften, für absolut jeden. Es ist nicht nur eine gute Nachricht für die wenigen, die vor dem Tode Bekanntschaft mit Christus machten; es ist eine gute Nachricht für die gesamte Schöpfung – für ausnahmslos alle Menschen, auch diejenigen, die gestorben sind, ohne je von Christus gehört zu haben.
Jesus Christus ist das Versöhnungsopfer nicht nur für die Sünden der Christen, sondern für die der ganzen Welt (1. Johannes 2,2). Der Erschaffer ist auch der Versöhner seiner Schöpfung (Kolosser 1,15-20). Ob Menschen diese Wahrheit vor ihrem Tod kennen lernen, davon hängt ihr Wahrheitsgehalt nicht ab. Er hängt allein von Jesus Christus ab, nicht von menschlichem Handeln oder irgendwelchen menschlichen Reaktionen.
Jesus sagt: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16, alle Zitate revidierte Luther-Übersetzung, Einheitsausgabe). Gott ist es, der die Welt liebte, und Gott, der seinen Sohn gab; und er gab ihn, um zu erlösen, was er liebte – die Welt. Wer an den Sohn glaubt, den Gott gesandt hat, der wird eingehen zum ewigen Leben (besser: „zum Leben des kommenden Zeitalters“).
Mit keiner Silbe steht hier geschrieben, dass dieser Glaube vor dem physischen Tod kommen muss. Nein: Der Vers sagt aus, dass Glaubende „nicht verloren werden“, und da selbst Gläubige sterben, dürfte auf der Hand liegen, dass „verloren werden“ und „sterben“ nicht ein und dasselbe sind. Glaube verhindert, dass Menschen verloren werden, aber nicht, dass sie sterben. Das Verlorengehen, von dem Jesus hier spricht, übersetzt aus dem griechischen appolumi, bezeichnet einen geistlichen Tod, keinen physischen. Er hat zu tun mit endgültiger Vernichtung, Ausmerzung, spurlosem Verschwinden. Wer an Jesus glaubt, wird nicht ein solches unwiderrufliches Ende finden, sondern eingehen zum Leben (soe) des kommenden Zeitalters (aion).
Manche werden noch zu ihren Lebzeiten, als Erdenwandelnde, zum Leben im kommenden Zeitalter, zum Leben im Reich, eingehen. Aber sie repräsentieren nur eine kleine Minderheit der „Welt“ (kosmos), die Gott so geliebt hat, dass er seinen Sohn sandte, um sie zu retten. Was ist mit den übrigen? Dieser Vers besagt nicht, dass Gott jene, die physisch sterben, ohne geglaubt zu haben, nicht retten kann oder will.
Der Gedanke, der physische Tod verbaue Gott ein für allemal die Möglichkeit, jemanden zu retten oder jemanden zum Glauben an Jesus Christus zu bringen, ist eine menschliche Auslegung; in der Bibel steht nichts dergleichen. Vielmehr wird uns gesagt: Der Mensch stirbt, und danach kommt das Gericht (Hebräer 9,27). Der Richter, daran wollen wir immer denken, wird gottlob niemand anderes als Jesus sein, das geschlachtete Lamm Gottes, das für die Menschensünden gestorben ist. Das ändert alles.
Woher stammt die Auffassung, Gott könne nur Lebende, nicht Tote retten? Er hat doch den Tod überwunden, nicht wahr? Er ist von den Toten auferstanden, nicht wahr? Gott hasst die Welt nicht; er liebt sie. Er hat den Menschen nicht für die Hölle geschaffen. Christus ist seinerzeit gekommen, um die Welt zu retten, nicht, um sie zu richten (Johannes 3,17).
Am 16. September, dem Sonntag nach den Anschlägen, sagte ein christlicher Lehrer vor seiner Sonntagsschulklasse: Gott sei im Hass ebenso vollkommen wie in der Liebe, das erkläre, warum es neben dem Himmel auch eine Hölle gebe. Der Dualismus (die Vorstellung, Gut und Böse seien zwei gleichstarke Gegensatzkräfte im Universum) sei eine Irrlehre. Hat er nicht gemerkt, dass er damit den Dualismus in Gott hineinverlagert, dass er einen Gott postuliert, der die Spannung vollkommener Hass – vollkommene Liebe in sich trägt und verkörpert?
Gott ist absolut gerecht, und alle Sünder sind gerichtet und verurteilt, aber das Evangelium, die gute Nachricht, weiht uns in das Mysterium ein, dass Gott in Christus diese Sünde und dieses Strafurteil stellvertretend für uns auf sich genommen hat! In der Tat, die Hölle ist real und furchtbar. Aber genau diese schreckliche, den Gottlosen vorbehaltene Hölle hat Jesus stellvertretend für die Menschheit durchlitten (2. Korinther 5,21; Matthäus 27,46; Galater 3,13).
Alle Menschen haben die Sündenstrafe auf sich gezogen (Römer 6,23), Gott aber schenkt uns das ewige Leben in Christus (gleicher Vers). Deshalb nennt man dieses: Gnade. Im Kapitel zuvor drückt Paulus es so aus: „Aber nicht verhält sich’s mit der Gabe wie mit der Sünde. Denn wenn durch die Sünde des Einen die Vielen gestorben sind [‚die Vielen’, das heisst alle, jedermann; es gibt niemanden, der Adams Schuld nicht trägt], um wieviel mehr ist Gottes Gnade und Gabe den vielen [wieder: allen, absolut jedem] überreich zuteil geworden durch die Gnade des einen Menschen Jesus Christus“ (Römer 5,15).
Paulus sagt: So hart unsere Sündenstrafe ist, und sie ist sehr hart (das Urteil lautet auf Hölle), so tritt sie doch zurück hinter die Gnade und die Gnadengabe in Christus. Mit anderen Worten, Gottes Versöhnungswort in Christus ist unvergleichlich lauter als sein Verdammungswort in Adam – das eine wird durch das andere vollständig übertönt („um wieviel mehr“). Deshalb kann Paulus uns in 2. Korinther 5,19 sagen: In Christus „versöhnte [Gott] die Welt [jedermann, die ‚Vielen’ aus Römer 5,15] mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht [mehr] zu ...“
Zurück zu den Freunden und Angehörigen derer, die gestorben sind, ohne sich zum Glauben an Christus bekannt zu haben: Bietet das Evangelium ihnen irgendeine Hoffnung, irgendeine Ermutigung, was das Schicksal ihrer lieben Toten betrifft? Tatsächlich, im Johannesevangelium sagt Jesus in wörtlicher Rede: „Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen“ (Johannes 12,32). Das ist eine gute Nachricht, die Wahrheit des Evangeliums. Einen Zeitplan hat Jesus nicht dargelegt, aber er hat erklärt, alle zu sich ziehen zu wollen, nicht nur einige wenige, die es vor ihrem Tod geschafft haben, ihn kennen zu lernen, sondern absolut jedermann.
Kein Wunder, dass Paulus den Christen in der Stadt Kolossae schrieb, es habe Gott „wohlgefallen“, wohlgemerkt: „wohlgefallen“, dass er durch Christus „alles mit sich versöhnte, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz“ (Kolosser 1,20). Das ist eine gute Nachricht. Und es ist, wie Jesus sagt, eine gute Nachricht für die ganze Welt, nicht nur für einen begrenzten Kreis von Auserwählten.
Paulus will seine Leser wissen lassen, dass dieser Jesus, dieser von den Toten auferweckte Gottessohn, nicht nur ein interessanter neuer Religionsstifter mit ein paar neuen theologischen Gedanken ist. Paulus sagt ihnen, dass Jesus niemand anderes ist als der Erschaffer und Erhalter aller Dinge (Vers 16-17), und mehr als das: dass er Gottes Weg ist, absolut alles wieder ins Lot zu bringen, was seit Anbeginn der Geschichte auf der Welt fehlgegangen ist (Vers 20)! In Christus – sagt Paulus – tut Gott den ultimativen Schritt, um alle an Israel ergangenen Verheissungen in Erfüllung gehen zu lassen – Verheissungen, er werde eines Tages in einem reinen Gnadenakt alle Sünden vergeben, umfassend und universal, und alles neu machen (siehe Apostelgeschichte 13,32-33; 3,20-21; Jesaja 43,19; Offb21,5; Römer 8,19-21).
„Aber nur den Christen ist das Heil zugedacht“, heulen die Fundamentalisten. Gewiss, das stimmt. Aber wer sind „die Christen“? Sind es nur diejenigen, die ein standardisiertes Reue und Bekehrungsgebet nachplappern? Sind es nur die durch Untertauchen Getauften? Sind es nur diejenigen, die der „wahren Kirche“ angehören? Nur diejenigen, die durch einen rechtmässig geweihten Priester Absolution erlangen? Nur diejenigen, die aufgehört haben zu sündigen? (Haben Sie das geschafft? Ich nicht.) Nur diejenigen, die Jesus kennen lernen, ehe sie sterben? Oder trifft Jesus selbst – in dessen nageldurchbohrte Hände Gott das Gericht gelegt hat – letztendlich die Entscheidung, wer zum Kreis derer gehört, denen er Gnade erweist? Und wenn er einmal dabei ist: Entscheidet er, der ja den Tod überwunden hat und der das ewige Leben verschenken kann, an wen er will, dabei auch gleich, wann er jemanden zum Glauben bringt, oder treffen wir, die allweisen Verteidiger der wahren Religion, diese Entscheidung an seiner Statt?
Jeder Christ ist an irgendeinem Punkt einmal Christ geworden, das heisst vom Heiligen Geist zum Glauben gebracht worden. Die fundamentalistische Position scheint jedoch zu sein, dass es Gott unmöglich ist, einen Menschen nach dessen Tod noch zum Glauben zu bringen. Aber halt – Jesus ist derjenige, der Tote auferweckt. Und er ist derjenige, der das Versöhnungsopfer ist, nicht nur für unsere Sünden, sondern für die der ganzen Welt (1. Johannes 2,2).
„Aber das Gleichnis von Lazarus“, wird mancher einwenden. „Sagt nicht Abraham, dass zwischen seiner Seite und der Seite des reichen Mannes eine grosse, unüberbrückbare Kluft liegt?“ (Siehe Lukas 16,19-31.)
Jesus wollte dieses Gleichnis nicht als fotografische Schilderung des Lebens nach dem Tode verstanden wissen. Wie viele Christen würden den Himmel schon als „Abrahams Schoss“ beschreiben, als Ort, an dem Jesus nirgendwo zu sehen ist? Das Gleichnis ist eine Botschaft an die privilegierte Klasse des Judentums im ersten Jahrhundert, kein Porträt des Lebens nach der Auferstehung. Ehe wir da mehr herauslesen, als Jesus hineingelegt hat, vergleichen wir dazu, was Paulus in Römer 11,32 schreibt.
Der reiche Mann im Gleichnis ist ja immer noch unbussfertig. Er sieht sich immer noch als rangund klassenhöher als Lazarus. Immer noch sieht er in Lazarus nur jemanden, der dazu da ist, ihm zu Diensten zu sein. Vielleicht ist es vertretbar anzunehmen, dass es der fortdauernde Unglaube des Reichen gewesen ist, der die Kluft so unüberbrückbar machte, nicht eine willkürliche kosmische Notwendigkeit. Denken wir daran: Jesus selbst, und nur er, schliesst die ansonsten unüberbrückbare Kluft von unserem sündhaften Zustand zur Versöhnung mit Gott. Diesen Punkt, diese Aussage des Gleichnisses – dass Heilserlangung nur durch den Glauben an ihn kommt – unterstreicht Jesus, wenn er sagt: „Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde“ (Lukas 16,31).
Gott hat im Sinn, Menschen zum Heil zu führen, nicht, sie zu foltern. Jesus ist Versöhner, und ob wir es glauben oder nicht, er entledigt sich seiner Aufgabe hervorragend. Er ist der Erretter der Welt (Johannes 3,17), nicht der Erretter eines Bruchteils der Welt. „Denn also hat Gott die Welt geliebt“ (Vers 16) – und nicht nur einen Menschen unter tausend. Gott hat Wege, und seine Wege sind höher als unsere Wege.
In der Bergpredigt sagt Jesus: „Liebt eure Feinde“ (Matthäus 5,43). Man darf als sicher voraussetzen, dass er seine Feinde geliebt hat. Oder soll man etwa glauben, dass Jesus seine Feinde hasst, uns aber Feindesliebe abverlangt, und dass sein Hass die Erklärung dafür liefert, dass es eine Hölle gibt? Das wäre äusserst abstrus. Jesus ruft uns zur Feindesliebe auf, weil er sie auch besitzt. „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ lautete seine Fürbitte für diejenigen, die ihn kreuzigten (Lukas 23,34).
Gewiss: Diejenigen, die Jesu Gnade auch dann zurückweisen, nachdem sie sie kennen gelernt haben, werden am Ende die Früchte ihrer Dummheit ernten. Für Menschen, die sich weigern, zum Mahl des Lammes zu kommen, gibt es keinen anderen Ort als äusserste Finsternis (eine der bildlichen Wendungen, mit der Jesus den Zustand der Entfremdung von Gott, der Gottferne, beschreibt; siehe Matthäus 22,13; 25,30).
Im Römerbrief (11,32) macht Paulus die erstaunliche Aussage: „Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.“ Tatsächlich bezeichnet das griechische Originalwort alle, nicht einige, sondern alle. Alle sind Sünder, und in Christus wird allen Barmherzigkeit erwiesen – ob es ihnen gefällt oder nicht; ob sie es annehmen oder nicht; ob sie es vor dem Tode erfahren oder nicht.
Was kann man zu dieser Offenbarung weiter sagen als das, was Paulus in den nächsten Versen sagt: „O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn ‚wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen?’ Oder ‚wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müsste?’ Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen“ (Vers 33-36).
Ja, so unergründlich scheinen seine Wege zu sein, dass viele von uns Christen es einfach nicht glauben können, dass das Evangelium so gut sein kann. Und manche von uns scheinen Gottes Gedanken so genau zu kennen, dass wir einfach wissen, dass jeder, der beim Tode nicht Christ ist, geradewegs in die Hölle kommt. Paulus dagegen will verdeutlichen, dass das unbeschreibliche Ausmass der göttlichen Gnade für uns schlichtweg nicht fassbar ist – ein Geheimnis, das sich nur in Christus offenbart: In Christus hat Gott etwas getan, das den menschlichen Erkenntnishorizont himmelweit übersteigt.
In seinem Brief an die Christen zu Ephesus sagt uns Paulus, dass Gott dies von Anfang an vorhatte (Epheser 1,9-10). Es war der tiefer liegende Grund für die Berufung Abrahams, für die Erwählung Israels und Davids, für die Bundesschlüsse (3,5-6). Gott rettet auch die „Fremden“ und Nichtisraeliten (2,12). Er rettet sogar die Gottlosen (Römer 5,6). Er zieht im Wortsinn wirklich alle Menschen zu sich (Johannes 12,32). In der gesamten Weltgeschichte wirkt von Anfang an Gottes Sohn „im Hintergrund“ und tut sein Erlösungswerk der Versöhnung aller Dinge mit Gott (Kolosser 1,15-20). Gottes Gnade hat eine ganz eigene Logik, eine Logik, die dem religiös gesinnten Menschen häufig unlogisch vorkommt.
Kurz: Jesus ist der einzige Weg zum Heil, und er zieht absolut jeden zu sich – auf seine Art, zu seiner Zeit. Hilfreich wäre es, sich einmal die dem menschlichen Verstand eigentlich nicht fassbare Tatsache zu verdeutlichen: Man kann im Universum überhaupt nirgendwo sein als in Christus, denn, wie Paulus sagt, es gibt nichts, das nicht von ihm geschaffen worden wäre und nicht in ihm bestünde (Kolosser 1,15-17). Die Menschen, die ihn schlussendlich ablehnen, tun dies seiner Liebe zum Trotz; nicht Jesus lehnt sie ab (er tut es nicht – er liebt sie, starb für sie und vergab ihnen), sondern sie lehnen ihn ab.
C. S. Lewis hat es so ausgedrückt: „Am Ende gibt es nur zwei Arten von Menschen: jene, die zu Gott sagen ‚Dein Wille geschehe’, und jene, zu denen Gott am Ende sagt ‚DEIN Wille geschehe’. Wer in der Hölle ist, hat sich dieses Schicksal selbst gewählt. Ohne diese Eigenentscheidung könnte es keine Hölle geben. Keine Seele, die ernsthaft und dauerhaft nach Freude strebt, wird sie verfehlen. Wer sucht, der findet. Wer anklopft, dem wird aufgetan“ (The Great Divorce, 9. Kapitel). (1)
Als ich Christen so über den Sinn des 11. September predigen hörte, fielen mir die heroischen Feuerwehrleute und Polizisten ein, die ihr Leben opferten bei dem Versuch, Menschen aus dem brennenden World Trade Center zu retten. Wie vereinbart sich das: dass Christen diese Retter Helden nennen und ihrem Opfermut Beifall spenden, andererseits aber erklären, dass sie, falls sie sich nicht vor ihrem Tode zu Christus bekannt haben, jetzt in der Hölle gequält werden?
Das Evangelium erklärt, dass es Hoffnung gibt für alle, die, ohne vorheriges Bekenntnis zu Christus, im World Trade Center ihr Leben gelassen haben. Der auferstandene Herr ist es, dem sie nach dem Tod begegnen werden, und er ist der Richter – er, mit den Nagellöchern in den Händen –, ewig bereit, alle seine Geschöpfe, die zu ihm kommen, zu umarmen und aufzunehmen. Er hat ihnen vergeben, noch ehe sie geboren wurden (Epheser 1,4; Römer 5,6 u. 10). Dieser Teil ist getan, auch für uns, die jetzt glauben. Denen, die vor Jesus hintreten, bleibt jetzt nur noch, ihre Kronen vor dem Thron niederzulegen und sein Geschenk anzunehmen. Manche werden es vielleicht nicht tun. Vielleicht sind sie derart verwurzelt in Selbstliebe und im Hass auf andere, dass sie den auferstandenen Herrn als ihren Erzfeind sehen werden. Das ist mehr als eine Schande, das ist eine Katastrophe kosmischen Ausmasses, weil er ja nicht ihr Erzfeind ist. Weil er sie liebt, trotzdem. Weil er sie in seine Arme versammeln will wie eine Henne ihre Küken, wenn sie ihn nur liessen.
Wir dürfen aber – wenn wir Römer 14,11 und Philipper 2,10 glauben – davon ausgehen, dass die übergrosse Mehrheit der Menschen, die bei jenem Terroranschlag gestorben sind, freudig in Jesu Arme eilen werden, wie Kinder in die Arme der Eltern.
„Jesus rettet“, schreiben Christen auf ihre Poster und Aufkleber. Stimmt. Er tut es. Und er ist der Anfänger und Vollender des Heils, er ist Ursprung und Ziel alles Geschaffenen, aller Geschöpfe, auch der Toten. Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um die Welt zu richten, sagt Jesus. Er hat ihn gesandt, um die Welt zu retten (Johannes 3,16-17).
Ungeachtet dessen, was manche sagen: Gott will ausnahmslos alle Menschen retten (1. Timotheus 2,4; 2. Petrus 3,9), nicht nur einige wenige. Und was man noch wissen muss – er gibt nie auf. Er hört nie auf zu lieben. Er hört nie auf zu sein, was er für die Menschen war, ist und immer sein wird – ihr Erschaffer und Versöhner. Niemand fällt durch die Maschen. Niemand ist dazu geschaffen worden, in die Hölle zu fahren. Sollte jemand doch in die Hölle kommen – in die kleine, bedeutungslose, finstere Nirgendwo-Ecke des Reichs der Ewigkeit –, dann ausschliesslich deshalb, weil er sich halsstarrig weigert, die Gnade anzunehmen, die Gott für ihn bereithält. Und nicht deshalb, weil Gott ihn hasst (das tut er nicht). Nicht deshalb, weil Gott rachsüchtig ist (das ist er nicht). Sondern deshalb, weil er 1) das Reich Gottes hasst und seine Gnade ausschlägt, und 2) weil Gott nicht will, dass er den anderen die Freude verdirbt.
Das Evangelium ist eine Botschaft der Hoffnung für absolut jedermann. Christliche Prediger müssen nicht mit Höllendrohungen arbeiten, um Menschen zur Bekehrung zu Christus zu zwingen. Sie können einfach die Wahrheit verkünden, die gute Nachricht: „Gott liebt dich. Er ist nicht wütend auf dich. Jesus ist für dich gestorben, weil du ein Sünder bist, und Gott liebt dich so sehr, dass er dich gerettet hat vor all dem, das dich zerstört. Warum willst du dann weiterleben, als gäbe es nichts anderes als die gefährliche, grausame, unberechenbare und gnadenlose Welt, die du hast? Warum kommst du nicht und fängst an, Gottes Liebe zu erfahren und die Segnungen seines Reichs zu kosten? Du gehörst ja schon ihm. Er hat deine Sündenstrafe schon abgebüsst. Er wird deinen Kummer in Freude verwandeln. Er wird dir inneren Frieden schenken, wie du ihn nie gekannt hast. Er wird Sinn und Orientierung in dein Leben bringen. Er wird dir helfen, deine Beziehungen zu verbessern. Er wird dir Ruhe schenken. Vertraue ihm. Er wartet auf dich.“
Die Botschaft ist so gut, dass sie förmlich aus uns heraussprudelt. In Römer 5,10-11 schreibt Paulus: „Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wie viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, nachdem wir nun versöhnt sind. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unsern Herrn Jesus Christus, durch den wir jetzt die Versöhnung empfangen haben.“
Das Nonplusultra der Hoffnung! Das Nonplusultra der Gnade! Durch Christi Tod versöhnt Gott seine Feinde, und durch Christi Leben rettet er sie. Kein Wunder, dass wir uns Gottes rühmen können durch unseren Herrn Jesus Christus – durch ihn haben wir bereits teil an dem, wovon wir anderen Menschen erzählen. Sie müssen nicht weiterleben, als hätten sie keinen Platz an Gottes Tafel; er hat sie bereits versöhnt, sie können heim, sie können nach Hause.
Christus rettet Sünder. Das ist wirklich eine gute Nachricht. Die beste, die dem Menschen je zu Gehör kommen kann.
von J. Michael Feazell