Mit Geduld ans Werk
Wir kennen alle den Spruch „Geduld ist eine Tugend“. Obwohl er nicht in der Bibel steht, hat die Bibel doch eine Menge über die Geduld zu sagen. Paulus nennt sie eine Frucht des Heiligen Geistes (Galater 5,22). Er ermutigt uns auch, in der Bedrängnis geduldig zu sein (Römer 12,12), geduldig auf das zu warten, was wir noch nicht haben (Römer 8,25), uns gegenseitig geduldig in Liebe zu ertragen (Epheser 4,2) und nicht müde zu werden, Gutes zu tun, da wir – wenn wir geduldig sind – auch ernten werden (Galater 6,9). Die Bibel mahnt uns auch „auf den Herrn zu harren“ (Psalm 27,14), aber leider wird dieses geduldige Harren von einigen als passives Abwarten falsch verstanden.
Einer unserer Regionalpastoren nahm an einer Konferenz teil, in der jeder Diskussionsbeitrag in Bezug auf eine Erneuerung oder Mission von den Gemeindeleitern wie folgt erwidert wurde: „Wir wissen, dass wir das in der Zukunft tun müssen, aber jetzt warten wir auf den Herrn.“ Ich bin mir sicher, dass diese Leiter glaubten, sie übten Geduld, indem Sie auf Gott warteten, dass er ihnen zeige, wie sie auf Kirchenfremde zugehen sollten. Es gibt andere Gemeinden, die auf ein Zeichen des Herrn warten, ob sie die Tage oder Zeiten der Gottesdienste ändern sollten, um es für neue Gläubige bequemer zu machen. Der Regionalpastor erzählte mir, dass er als Letztes die Leiter gefragt habe: „Worauf wartet ihr noch, dass der Herr tun soll?“ Dann habe er ihnen erklärt, Gott warte wahrscheinlich darauf, dass sie sich an seinem bereits aktiven Werk beteiligen. Als er geendet habe, sei von verschiedenen Seiten ein „Amen“ zu hören gewesen.
Wenn wir schwierige Entscheidungen zu treffen haben, würden wir alle gern ein Zeichen von Gott erhalten, das wir anderen zeigen könnten – eines, das uns sagt, wohin wir gehen sollen, wie und wann es losgeht. So arbeitet Gott jedoch normalerweise nicht mit uns. Stattdessen sagt er einfach nur „folgt mir“ und ermahnt uns, einen Schritt nach vorn zu machen, ohne die Einzelheiten zu verstehen. Wir sollten uns daran erinnern, dass Jesu Apostel sowohl vor als auch nach Pfingsten gelegentlich Mühe hatten zu verstehen, wohin sie der Messias führte. Obwohl Jesus ein perfekter Lehrer und Führer ist, waren sie jedoch keine perfekten Schüler und Jünger. Auch wir haben oft Mühe zu verstehen, was Jesus sagt und wohin er uns führt – manchmal fürchten wir uns weiterzugehen, weil wir fürchten, dass wir scheitern wer- den. Diese Furcht treibt uns oft in die Tatenlosigkeit, die wir dann fälschlicher- weise mit Geduld gleichsetzen – mit „Warten auf den Herrn“.
Wir brauchen uns nicht vor unseren Fehlern oder mangelnder Klarheit über den vor uns liegenden Weg zu fürchten. Obwohl die ersten Jünger Jesu viele Fehler machten, gab ihnen der Herr immer wieder neue Gelegenheiten, sich seinem Werk anzuschliessen – ihm zu folgen, wohin er sie leitete, selbst wenn dies bedeutete, unterwegs Korrekturen vornehmen zu müssen. Jesus wirkt auch heute auf dieselbe Weise und erinnert uns daran, dass jeder „Erfolg“, den wir erleben, ein Resultat seines Werkes sein wird und nicht des unseren.
Wir sollten nicht beunruhigt sein, wenn wir die Absichten Gottes nicht vollständig verstehen können. In Zeiten der Unsicherheit sind wir gefordert, Geduld zu üben, und das bedeutet in einigen Fällen, dass wir Gottes Eingreifen abwarten müssen, bevor wir den nächsten Schritt unternehmen können. Wie immer eine Situation sein mag, wir sind immer Jesu Jünger, die berufen sind, ihn zu hören und ihm zu folgen. Auf dieser Reise sollten wir daran denken, dass unsere Ausbildung nicht allein aus Gebet und dem Lesen der Bibel besteht. Einen grossen Teil nimmt die praktische Anwendung ein – wir schreiten voran in der Hoffnung und im Glauben (begleitet durch Gebet und das Wort), selbst wenn es nicht deutlich ist, wohin der Herr führt.
Gott möchte, dass seine Kirche gesund ist und somit Wachstum hervorbringen kann. Er möchte, dass wir uns seiner Mission für die Welt anschliessen, die vom Evangelium angewiesenen Schritte unternehmen, um an unseren Wohnorten zu dienen. Wenn wir das tun, werden wir Fehler machen. In einigen Fällen werden unsere Bemühungen, Kirchenfremden das Evangelium näher zu bringen, nicht den erhofften Erfolg haben. Doch wir werden aus den Feh- lern lernen. Wie in der frühen Kirche des Neuen Testaments wird unser Herr unsere Fehler gnädig nutzen, wenn wir sie ihm anvertrauen und bereuen, falls das nötig ist. Er wird uns stärken und weiterentwickeln und uns so formen, um dem Bilde Christi ähnlich zu werden. Dank diesem Verständnis werden wir das Ausbleiben sofortiger Ergebnisse nicht als Versagen ansehen. Zu seiner Zeit und auf seine Weise kann und wird Gott unsere Bemühungen Früchte tragen lassen, besonders wenn diese Anstrengungen darauf ausgerichtet sind, Menschen zu Jesus zu führen, indem wir die gute Nachricht leben und weitergeben. Es kann sein, dass die ersten Früchte, die wir sehen wer- den, unser eigenes Leben betreffen.
Wirklicher „Erfolg” in der Mission und im Dienst entsteht nur durch eine Weise: durch die Treue zu Jesus, die begleitet wird durch Gebet und das biblische Wort, wodurch uns der Heilige Geist zur Wahrheit leitet. Bedenken wir, diese Wahrheit werden wir nicht sofort erlernen und unsere Untätigkeit kann unser Vorwärtskommen aufhalten. Ich frage mich, ob die Untätigkeit möglicherweise auf Furcht vor der Wahrheit zurückzuführen ist. Jesus hat wiederholt seinen Tod und seine Auferstehung gegenüber seinen Jüngern angekündigt und in der Furcht vor dieser Wahrheit waren sie zeitweise in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt. Das ist auch heutzutage oft der Fall.
Wenn wir auf unsere Beteiligung an Jesu Zugehen auf Kirchenfremde zu sprechen kommen, haben wir es schnell mit Reaktionen der Furcht zu tun. Wir brauchen jedoch keine Furcht zu haben, denn „der in euch ist, ist grösser als der, der in der Welt ist“ (1. Johannes 4,4). Durch unser Vertrauen in Jesus und sein Wort schwinden unsere Ängste. Der Glaube ist wahrhaftig der Feind der Angst. Deshalb sagte Jesus: „Fürchte dich nicht, glaube nur!“ (Markus 5,36).
Wenn wir uns im Glauben aktiv in Jesu Mission und Dienst engagieren, sind wir nicht allein. Der Herr der gesamten Schöpfung steht uns bei, so wie Jesus es vor langer Zeit auf dem Berg in Galiläa (Matthäus 28,16) seinen Jüngern versprochen hatte. Kurz bevor er in den Himmel aufstieg, gab er ihnen eine Anweisung, der allgemein als Missionsbefehl bezeichnet wird: „Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28,18-20).
Beachten wir hier die Schlussverse. Jesus beginnt mit der Aussage, dass er im Besitz „aller Gewalt im Himmel und auf Erden sei“, dann schliesst er mit folgenden Worten der Zusicherung: „Ich bin bei euch alle Tage“. Diese Aussagen sollten uns eine Quelle starken Trostes, grossen Vertrauens und grosser Freiheit sein, bei dem, was Jesus uns auftrug: Machet alle Völker zu Jüngern. Wir tun dies mit Freimut – im Bewusstsein, dass wir teilhaben am Werk des Einen, der alle Macht und Autorität besitzt. Und wir tun es mit Zuversicht, weil wir wissen, dass er immer mit uns ist. Mit diesen Gedanken im Sinn – statt mit solchen, die Geduld als untätiges Abwarten verstehen – warten wir geduldig auf den Herrn während wir uns aktiv an seinem Werk beteiligen, das darin besteht, an unseren Wohnorten Menschen zu Jesu Jüngern zu machen. Auf diese Weise werden wir teilhaben an dem, was wir mit Geduld ans Werk gehen bezeichnen können. Jesus gebietet uns, solches zu tun, denn dies ist sein Weg – der Weg der Treue, der die Frucht seines allgegenwärtigen Reiches trägt. So lasst uns gemeinsam mit Geduld ans Werk gehen.
von Joseph Tkach