Ganz oben auf meiner Liste von Dingen, die ich vermeiden möchte, steht das Gefängnis. Die Vorstellung, in einer engen, kargen Zelle in Dunkelheit eingesperrt zu sein, gepaart mit der Furcht vor brutaler Gewalt, stellt für mich den absoluten Albtraum dar. In der Antike waren dies Zisternen, unterirdische Hohlräume oder Brunnen, die zur Wasserspeicherung dienten. Diese Orte waren oft dunkel, feucht und kalt. In einigen besonders grausamen Fällen wurden leere Zisternen als provisorische Gefängnisse verwendet: «Da nahmen sie Jeremia und warfen ihn in die Zisterne Malkijas, des Königssohnes, die im Wachthof war, und liessen ihn an Seilen hinab. In der Zisterne aber war kein Wasser, sondern Schlamm und Jeremia sank in den Schlamm» (Jeremia 38,6).
Der Prophet Jeremia, beauftragt mit der fortwährenden Aufgabe, gegen die korrupten Praktiken und die sündhafte Kultur Israels zu prophezeien, wurde zunehmend unerwünscht. Seine Widersacher liessen ihn mit der Absicht in einer Zisterne zurück, die kein Wasser, sondern nur Schlamm enthielt, ihn dem Hunger preiszugeben und somit einen Tod ohne Blutvergiessen herbeizuführen. In dieser misslichen Lage, gefangen, hielt Jeremia dennoch an seiner Hoffnung fest. Er betete und glaubte weiterhin und verfasste die hoffnungsvollste Schrift in der Geschichte der Menschheit: «Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich das gnädige Wort erfüllen will, das ich zum Hause Israel und zum Hause Juda geredet habe. In jenen Tagen und zu jener Zeit will ich dem David einen gerechten Spross aufgehen lassen; der soll Recht und Gerechtigkeit schaffen im Lande» (Jeremia 33,14-15).
In der Geschichte des Christentums begann vieles an dunklen Orten. Der Apostel Paulus verfasste zahlreiche Schriften des Neuen Testaments während seiner Gefangenschaft. Es wird angenommen, dass er im «Mamertinum-Gefängnis» inhaftiert war, einem düsteren, unterirdischen Kerker, der durch einen schmalen Schacht zugänglich war. In solchen Gefängnissen wurden die Insassen nicht regelmässig mit Nahrung versorgt, so dass sie auf die Unterstützung von Freunden und Familie angewiesen waren, die ihnen Lebensmittel brachten. Inmitten dieser düsteren Umstände entstand das strahlende Licht des Evangeliums.
Der Sohn Gottes, die personifizierte Hoffnung der Menschheit, erblickte das Licht der Welt in einem engen, schlecht belüfteten Raum, der ursprünglich nicht zur Beherbergung von Menschen, geschweige denn zur Geburt eines Kindes gedacht war. Das traditionell vermittelte Bild einer behaglichen Krippe, umgeben von anbetenden Hirten und sauberen Schafen, entspricht kaum der Realität. Die tatsächlichen Umstände waren hart und trostlos, ähnlich der Zisterne, in der der Prophet Jeremia Jahrhunderte zuvor gefangen gehalten wurde und seinem scheinbar unvermeidlichen Schicksal entgegensah. In der Dunkelheit der Zisterne erblickte Jeremia das Licht der Hoffnung – eine Hoffnung, die sich auf den zukünftigen Messias richtete, der die Menschheit retten sollte. Jahrhunderte später wurde in der Erfüllung dieser Hoffnung Jesus Christus geboren. Er ist die göttliche Rettung und das Licht der Welt.
von Greg Williams
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