Das ist nicht gerecht
Das ist nicht gerecht!» – Wäre jedes Mal, wenn wir jemanden dies sagen hören oder es selbst aussprechen, ein Obolus fällig, würden wir wahrscheinlich reich werden. Gerechtigkeit ist seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte ein rares Gut.
Schon im Kindergartenalter haben die meisten von uns die leidvolle Erfahrung gemacht, dass es im Leben nicht immer gerecht zugeht. Also richten wir uns, sosehr es uns auch zuwider sein mag, darauf ein, getäuscht, belogen, betrogen oder auf andere Weise von eigennützigen Zeitgenossen übervorteilt zu werden.
Auch Jesus musste sich ungerecht behandelt fühlen. Als er eine Woche vor seiner Kreuzigung Einzug in Jerusalem hielt, jubelte ihm die Menge zu und schwenkte Palmwedel, um ihm, wie es traditionsgemäss einem gesalbten König zukam, die Ehre zu erweisen: «Als am nächsten Tag die grosse Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht: Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen» (Johannes 12,12-15).
Es war ein grosser Tag. Aber nur eine Woche später schrie die Menge: «Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!» Dies war keineswegs gerecht. Nie hatte er einem Menschen etwas zuleide getan, ganz im Gegenteil, er hat sie alle geliebt. Er hatte nie gesündigt und deshalb nicht verdient, getötet zu werden. Falsche Zeugenaussagen sowie korrupte Vertreter der Obrigkeit hatten jedoch die Menschen gegen ihn aufgebracht.
Die meisten von uns müssen ehrlicherweise einräumen, sich gelegentlich anderen Menschen gegenüber ungerecht verhalten zu haben. Wir alle hoffen jedoch in unserem tiefsten Inneren, dass wir es verdienten, gerecht behandelt zu werden, selbst wenn wir uns nicht immer entsprechend benehmen. Merkwürdigerweise scheint das Evangelium, was so viel wie «Die frohe Botschaft» heisst, auch nicht immer gerecht zu sein. Fakt ist, dass wir alle Sünder sind und somit Strafe verdienen. Gott aber lässt uns nicht zuteilwerden, was wir absolut verdienen, den Tod, sondern schenkt uns gerade das, was wir nicht verdienen – Gnade, Vergebung und Leben.
Paulus schreibt: «Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn gerettet werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind. Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wie viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, nachdem wir nun versöhnt sind» (Römer 5,6-10).
Die Gnade ist nicht gerechtfertigt. Mit ihr wird uns etwas zuteil, was wir überhaupt nicht verdienen. Gott verleiht sie uns, weil er uns trotz unserer Sündhaftigkeit sehr liebt und wertschätzt. Seine Wertschätzung geht so weit, dass er unsere Sünden auf sich genommen, uns vergeben hat, ja uns Gemeinschaft mit sich und untereinander schenkt. Diese Sichtweise unterscheidet sich grundlegend von der üblicherweise von uns eingenommenen. Als Kinder mögen wir es oft als gemein empfunden haben, dass das Leben nicht gerecht ist.
Wenn Sie lieber Leser Jesus immer besser kennenlernen, erfahren Sie auch etwas von der Ungerechtigkeit in der innewohnenden guten Nachricht: Jesus schenkt Ihnen genau das, was Sie überhaupt nicht verdienen. Er vergibt Ihnen all Ihre Sünden und schenkt Ihnen das ewige Leben. Das ist nicht gerecht, aber es ist die beste Nachricht, die Sie wirklich vernehmen und daran glauben dürfen.
von Joseph Tkach