Radikale Liebe
Die Liebe Gottes ist Torheit. Nicht ich bin es, der diese Aussage macht, sondern der Apostel Paulus. In seinem Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt Paulus, dass er nicht gekommen sei, um den Juden ein Zeichen oder den Griechen Weisheit zu bringen, sondern, um von dem gekreuzigten Jesus zu predigen. „Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit“ (1. Korinther 1,23).
Aus einer menschlichen Perspektive macht die Liebe Gottes einfach keinen Sinn. “Denn das Wort vom Kreuz ist. Für die einen ist es töricht, für die anderen moderne Kunst eine Torheit denen, die verloren werden“ (1. Korinther 1,18). Für diejenigen, die nicht wissen, dass das Wort vom Kreuz, ein Wort von der Liebe Gottes ist, ist es töricht, daran zu glauben, dass Gott uns durch seinen Tod errettet hat. Gottes Liebe erscheint uns tatsächlich unbegreiflich, ungereimt, töricht, tiefgehend radikal.
Von der Herrlichkeit in den Schmutz
Stellen Sie sich vor, dass Sie in völliger Perfektion leben. Sie sind der Inbegriff von Einheit und Verbundenheit mit Gott. Ihr Leben ist Ausdruck von Liebe, Freude und Frieden und Sie entscheiden sich, es radikal zu verändern.
Ich habe gerade den Beginn der Schöpfung beschrieben, als der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in völligem Einklang und in absoluter Verbundenheit miteinander lebten. Sie sind ein Geist, ein Ziel und eine Leidenschaft und ihre Existenz wird durch Liebe, Freude und Frieden ausgedrückt.
Dann entscheiden sie sich, ihre Gemeinschaft zu erweitern, indem sie das, was sie sind mit jemandem teilen können, der noch nicht existiert. Also schaffen sie die Menschheit und nennen sie Kinder Gottes. Männer und Frauen, Sie und mich, damit wir eine Beziehung mit ihnen in der Ewigkeit führen können. Allerdings haben sie uns mit einem Vorbehalt geschaffen. Sie wollten nicht darüber bestimmen, wie wir uns verhalten sollten, damit wir in einer Beziehung zu ihm leben, sondern wollten, dass wir uns selbst für diese Beziehung mit ihnen entscheiden. Deshalb haben sie uns den eigenen Willen gegeben, um uns selbst für eine Beziehung mit ihnen zu entscheiden. Weil sie uns diese Wahl gegeben haben, wussten sie, dass die meisten Menschen eine schlechte Entscheidung treffen würden. Deshalb haben sie einen Plan geschmiedet. Keinen Plan B, sondern den einen Plan. Dieser Plan ist, dass Gottes Sohn Mensch werden würde und Gottes Sohn als Mensch am Kreuz für die Menschheit sterben würde. Für die meisten Menschen ist das eine Torheit. Es ist eine radikale Liebe.
Ich habe vor Kurzem ein Land in Asien besucht, in dem die Menschen hunderte von Gottheiten anbeten. Gläubige verbringen ihr ganzes Leben damit, dafür zu sorgen, dass diese Götter wohl gestimmt sind. Sie bemühen sich darum, diese Gottheiten bei guter Laune zu halten, damit sie nicht verflucht werden. Sie verbringen ihr ganzes Leben mit der Befürchtung, nicht gut genug zu sein. Die Vorstellung, dass einer ihrer Gottheiten Mensch werden würde und ihnen aus Liebe helfen würde, ist für sie eine törichte Idee.
Doch Gott hält es keineswegs für eine törichte Idee. Seine Entscheidung beruht auf Liebe, denn er liebt uns so sehr, dass er seine Herrlichkeit verliess und in einem jungen, jüdischen Mann Mensch wurde: “Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns“ (Johannes 1,14). Es scheint, als ob ein solches Verhalten Gottes, eine Torheit wäre. Es ist eine radikale Liebe.
Den Sündern ein Freund
Als Mensch lebte Gott mit Fischern und Steuereintreibern, den normalen Menschen und denen, die von der Gesellschaft ausgestossen sind. Er verbrachte seine Zeit mit Leprakranken, mit von Dämonen besessenen Menschen und mit Sündern. Die religiösen Gelehrten nannten ihn töricht. Es ist eine radikale Liebe.
Im achten Kapitel des Johannesevangeliums steht die Geschichte einer Frau, die beim Fremdgehen erwischt wurde und vor Jesus gebracht wurde. Die religiösen Gelehrten wollten sie steinigen lassen, doch Jesus sagte, dass derjenige, der ohne Schuld sei, den ersten Stein werfen solle. Die Gruppe von Menschen, die sich für das Spektakel versammelt hatte, verschwand und Jesus, der einzige, der wirklich frei von Schuld war, sagte ihr, dass er sie nicht verurteile und forderte sie auf hinfort nicht mehr zu sündigen. Dieses Verhalten ist für viele Menschen töricht. Es ist eine radikale Liebe.
Jesus wurde in dem Haus von Sündern bewirtet. Die religiösen Gelehrten sagten, es sei töricht mit schuldbeladenen Menschen bei Tisch zu sein, weil er nicht rein und sauber sein würde. Ihre Sünden würden ihn beeinflussen und er würde wie sie werden. Doch die radikale Liebe widerspricht dieser Ansicht. Jesus, der Sohn Gottes und Menschensohn zugleich, liess es zu, dass er verhaftet, gefoltert und ermordet wurde, damit wir durch sein verflossenes Blut erneuert, uns vergeben und unser Leben mit Gott in Einklang gebracht werden könne. Er nahm all unseren Dreck und unsere Torheit auf sich und reinigte uns vor unserem himmlischen Vater. Es ist eine radikale Liebe.
Er wurde begraben und am dritten Tag von den Toten auferweckt, damit wir Vergebung, Erneuerung und Einheit mit ihm haben, ein Leben in voller Genüge. Er sagte seinen Jüngern: “An jenem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.“ (Johannes 14,20). Das scheint eine törichte Aussage zu sein, aber es ist radikale Liebe, ein radikales Leben. Dann stieg er in den Himmel auf, denn er ist ein Gott der reich an Barmherzigkeit ist und uns mit seiner grossen Liebe geliebt hat, “auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr selig geworden –; und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus“ (Epheser 2,4-6).
Als wir noch Sünder waren – noch bevor wir die Möglichkeit hatten, unsere Sünden zu erkennen und zu bereuen – nahm uns Gott auf und liebte uns.
Das ist eine radikale Liebe. Durch Jesus, den Sohn Gottes, sind wir Teil der göttlichen Liebe. Gott der Vater hat uns an die Seite von Jesus gestellt und lädt uns ein, an dem Teil zu haben, was er tut. Er ermutigt uns diese radikale Liebe und das radikale Leben, das Jesus verkörpert und das wir durch ihn führen mit anderen Menschen zu teilen. Gottes Plan ist eine Torheit für viele. Es ist ein Plan, der von radikaler Liebe zeugt.
Radikaler Gehorsam
In der Übersetzung Neues Leben (Die Bibel) steht folgendes: “Geht so miteinander um, wie Christus es euch vorgelebt hat. Obwohl er Gott war, bestand er nicht auf seinen göttlichen Rechten. Er verzichtete auf alles; er nahm die niedrige Stellung eines Dieners an und wurde als Mensch geboren und als solcher erkannt. Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod, indem er wie ein Verbrecher am Kreuz starb. Deshalb hat Gott ihn in den Himmel gehoben und ihm einen Namen gegeben, der höher ist als alle anderen Namen. Vor diesem Namen sollen sich die Knie aller beugen, die im Himmel und auf der Erde und unter der Erde sind. Und zur Ehre Gottes, des Vaters, werden alle bekennen, dass Jesus Christus Herr ist“ (Philipper 2,5-11). Es ist eine radikale Liebe.
Ein lebendiges Beispiel
Jesus starb für die gesamte Menschheit aufgrund einer Liebe, die töricht erscheint. Er hat uns eingeladen an dieser Liebe, die manchmal keinen Sinn zu machen scheint, aber anderen dabei hilft, die Liebe Gottes zu verstehen, teilzuhaben. Ein Beispiel für diese radikale Liebe möchte ich Ihnen kurz nennen. Wir haben einen befreundeten Pastor in Nepal: Deben Sam. Fast jede Woche geht Deben nach dem Gottesdienst ins Dorf, wo es eine Klinik für die Ärmsten der Armen in Kathmandu gibt und wo sie kostenlos behandelt werden. Deben hat in der Nähe ein Bauernhofprojekt für die Gemeinde und die Waisenkinder erbaut und hier predigt er das Evangelium. Vor kurzem wurde Deben auf dem Nachhauseweg überfallen, brutal zusammengeschlagen und dafür beschuldigt, den Menschen im Dorf eine falsche Hoffnung zu bringen. Er wurde beschuldigt eine religiöse Verunreinigung hervor zu rufen – seine Worte waren töricht für diejenigen, die die gute Nachricht vom Kreuz nicht kennen.
Deben, der sich von diesem Überfall bereits wieder erholt hat, liebt die Menschen auf eine radikale Art und Weise, indem er ihnen von der Liebe erzählt, von der Gott uns auffordert, sie mit allen Menschen, sogar unseren Feinden zu teilen. Auf diese Art und Weise geben wir unser eigenes Leben für das Leben anderer hin.
Die gute Nachricht vom Kreuz zu teilen, beinhaltet auch an der Erfahrung, dass diese Liebe von Jesus Christus radikal und verändernd ist, teilzuhaben. Die Christenheit basiert auf dieser Lebenschenkenden Liebe von Jesus und seinen Nachfolgern. Es ist eine törichte Liebe und macht menschlich gesehen manchmal keinen Sinn. Es ist eine Liebe, die wir nicht mit unserem Verstand, sondern nur mit unserem Herzen begreifen können. Es ist eine radikale Liebe.
An Ostern geht es um die Liebe eines Vaters für all seine Kinder, auch diejenigen, die nicht wissen, dass sie Kinder Gottes sind. Der Vater gab seinen eigenen Sohn. Der Sohn gab sein Leben. Er starb für alle Menschen. Er stand für alle Menschen vom Totenreich auf. Seine Liebe gilt allen – denjenigen die ihn kennen und denjenigen, die ihn noch nicht kennen. Es ist eine radikale Liebe.
von Rick Schallenberger