Gottes Gnade - zu schön, um wahr zu sein?
Es klingt zu schön, um wahr zu sein so beginnt eine bekannte Redensart und man weiss, dass sie eher unwahrscheinlich ist. Wenn es jedoch um Gottes Gnade geht, so ist sie tatsächlich wahr. Trotzdem bestehen manche Menschen darauf, dass Gnade so nicht sein kann und greifen zum Gesetz, um zu meiden, was sie als Lizenz zum Sündigen ansehen. Ihre aufrichtigen, doch fehlgeleiteten Bemühungen sind eine Form des Legalismus, der den Menschen die verändernde Kraft der Gnade raubt, die der Liebe Gottes entspringt und durch den Heiligen Geist in unsere Herzen fliesst (Römer 5,5).
Die gute Nachricht von der Gnade Gottes in Christus Jesus, die personifizierte Gnade Gottes, kam in die Welt und predigte das Evangelium (Lukas 20,1), das ist die gute Nachricht von der Gnade Gottes gegenüber Sündern (das betrifft uns alle). Doch die religiösen Führer jener Zeit mochten seine Predigt nicht, da sie alle Sünder auf eine Stufe stellte, sie sich aber als gerechter als andere ansahen. Für sie war Jesu Predigt über die Gnade absolut keine gute Nachricht. Bei einer Begebenheit antwortete Jesus auf ihren Protest: Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Geht aber hin und lernt, was das heisst: »Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer«. Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten, (Matthäus 9,12-13).
Heute freuen wir uns über das Evangelium – die gute Nachricht über die Gnade Gottes in Christus – in den Tagen Jesu war es jedoch ein grossesÄrgernis für die selbstgerechten, religiösen Amtsträger. Dieselbe Nachricht ist ebenso denen ein Ärgernis, die glauben, sie müssten sich stets noch mehr anstrengen und noch besser verhalten, um sich Gottes Wohlwollen zu verdienen. Sie stellen uns die rhetorische Frage: Wie sollen wir denn sonst die Leute dazu motivieren, härter zu arbeiten, richtig zu leben und sich ein Vorbild an geistlichen Leitern zu nehmen, wenn ihr behauptet, sie seien bereits unter der Gnade? Sie können sich keine andere Weise vorstellen, wie man Menschen motiviert, ausser durch die Bekräftigung einer gesetzlich bzw. vertraglich orientierten Beziehung mit Gott. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Es ist gut, in Gottes Werk hart zu arbeiten. Jesus hat genau dies getan – sein Werk brachte die Vollendung. Bedenken Sie, Jesus, der Vollkommene, hat uns den Vater offenbart. Diese Offenbarung enthält die absolut gute Nachricht, dass Gottes Vergütungssystem besser funktioniert als unseres. Er ist die unversiegbare Quelle der Gnade, der Liebe, Güte und Vergebung.Wir zahlen keine Steuern, um uns Gottes Gnade zu verdienen oder um Gottes Regierung zu finanzieren. Gott arbeitet im bestausgestatteten Rettungswesen, dessen Aufgabe darin besteht, die Menschheit aus der Grube zu befreien, in die sie hineingefallen ist. Vielleicht erinnern Sie sich an die Geschichte des Reisenden, der in eine Grube fiel und vergebens versuchte, wieder herauszukommen. Es kamen Leute an der Grube vorbei und sahen, wie er sich abmühte. Die sensible Per-son rief ihm zu: Hallo Sie da unten. Ich fühle wirklich mit ihnen. Die rationale Person kommentierte: Ja, das ist doch logisch, dass hier jemand in die Grube fallen musste. Der Innenarchitekt fragte: Darf ich Ihnen Vorschläge machen, wie sie Ihre Grube dekorieren können? Die vorverurteilende Person meinte: Hier sieht man es mal wieder: Nur schlechte Leute fallen in Gruben. Der Neugierige fragte: Mensch, wie haben Sie das denn angestellt? Der Legalist sagte: Wissen Sie was, ich glaube, Sie haben es verdient, in der Grube zu landen.Der Steuerbeamte fragte: Sagen Sie mal, zahlen Sie eigentlich Steuern für die Grube?Die sich selbst bemitleidende Person jammerte: Ja, Sie sollten mal meine Grube gesehen haben.Der Zen-Buddist empfahl: Ganz ruhig, entspann Dich und denk einfach nicht mehr an die Grube. Der Optimist sagte: Na komm schon, Kopf hoch! Das hätte noch viel schlimmer kommen können.Der Pessimist sagte: Wie furchtbar, aber seien Sie vorbereitet! Es wird noch schlimmer kommen.Als Jesus den Mann(die Menschheit) in der Grube sah, sprang er hinein und half ihm hinaus. Eben das ist Gnade!
Es gibt Menschen, die Gottes Logik der Gnade nicht verstehen. Sie glauben, ihre harte Arbeit befreie sie aus der Grube und sehen es als unfair an, dass andere aus der Grube herauskommen, ohne sich ähnlich angestrengt zu haben. Das Merkmal der Gnade Gottes ist, dass Gott sie ohne Unterschied jedem grosszügig schenkt. Einige benötigen mehr Vergebung als andere, aber Gott behandelt alle gleich ohne Rücksicht auf deren Umstände. Gott redet nicht nur einfach über Liebe und Mitgefühl; er machte es deutlich, als er Jesus zu uns in die Grube sandte, um uns allen herauszuhelfen. Anhänger des Legalismus tendieren dazu, Gottes Gnade als Erlaubnis zu einem freizügigen, spontanen und unstrukturierten Lebenswandel (Antinomianismus) fehl zu deuten. Aber so läuft das nicht, wie Paulus in seinem Brief an Titus schrieb:Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben (Titus 2,11-12).
Lassen Sie mich es klar sagen: Wenn Gott Menschen rettet, dann lässt er sie nicht länger in der Grube. Er überlässt sie nicht ihrer selbst, um in Unreife, Sünde und Scham weiterzuleben. Jesus rettet uns, damit wir durch die Kraft des Heiligen Geistes aus der Grube herauskommen und ein neues Leben beginnen, dem Jesu Gerechtigkeit, Frieden und Freude innewohnt (Römer 14,17).
Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg Jesus sprach über Gottes bedingungslose Gnade in seinem Gleichnis von denArbeitern im Weinberg (Mat 20,1-16). Egal, wie lange ein jeder gearbeitet hatte, alle Arbeiter erhielten den vollen Tageslohn. Natürlich (das ist menschlich) waren diejenigen, die am längsten gearbeitet hatten, darüber verärgert, weil sie glaubten, dass diejenigen, die weniger gearbeitet hatten, soviel nicht verdient hätten. Ich vermute sehr, diejenigen, die weniger gearbeitet hatten, haben auch gedacht, sie hätten mehr erhalten, als sie verdienten (ich komme später darauf zurück). Tatsächlich scheint Gnade an sich nicht fair zu sein, da aber Gott (der sich in der Person des Hausherrn im Gleichnis widerspiegelt) das Urteil zu unseren Gunsten fällt, kann ich Gott nur von Herzen dankbar sein! Ich habe nicht angenommen, ich könnte mir durch harte Arbeit den ganzen Tag über im Weinberg irgendwie Gottes Gnade verdienen. Gnade kann nur dankbar und demütig als ein unverdientes Geschenk – sowie sie ist – angenommen werden. Ich mag es, wie Jesus die Arbeiter in seinem Gleichnis gegenüberstellt. Vielleicht identifizieren sich einige von uns mit denen, die lange und hart gearbeitet haben und glaubten, sie verdienten mehr, als sie erhalten haben. Die meisten, da bin ich mir sicher, werden sich mit denen identifizieren, die für ihre Arbeit weit mehr bekommen haben, als sie verdient haben. Nur mit einer dankbaren Einstellung können wir Gottes Gnade wertschätzen und verstehen, vor allem weil wir sie äusserst dringend brauchen. Jesu Gleichnis lehrt uns, dassGott diejenigen errettet, die es nicht verdient haben (und verdienen kann man es sich wirklich nicht). Das Gleichnis zeigt auf, wie religiöse Legalisten sich darüber beklagen, Gnade sei unfair (zu schön, um wahr zu sein); sie argumentieren, wie kann Gott jemanden belohnen, der nicht so schwer gearbeitet hat, wie sie selbst?
Angetrieben von Schuldgefühlen oder Dankbarkeit?
Jesu Lehre entzieht dem Schuldgefühl den Boden, das als Hauptwerkzeug von Legalisten eingesetzt wird, um Menschen dem Willen Gottes gegenüber gefügig zu machen (oder weit öfter ihrem eigenen Willen!). Schuldgefühle zu haben, steht im Gegensatz zu, dankbar zu sein aufgrund der Gnade, die Gott uns in seiner Liebe schenkt. DerFokus von Schuldgefühlen richtet sich auf unser Ego mit seinen Sünden, wogegen Dankbarkeit (das Wesen der Anbetung) sich auf Gott und seine Güte konzentriert. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass mich Schuldgefühle (und Angst gehört dazu) zwar motivieren, dass aber Dankbarkeit aufgrund der Liebe, Güte und Gnade Gottes mich weitaus stärker motiviert.Im Gegensatz zum legalistischen Gehorsam aufgrund von Schuldgefühlen ist Dankbarkeit grundlegend beziehungsorientiert (von Herz zu Herz) – Paulus spricht hier vom Gehorsam des Glaubens (Römer 16,26). Dieser ist die einzige Art des Gehorsams, den Paulus gutheisst, weil nur dieser Gott verherrlicht. Beziehungsorientierter, durch das Evangelium geformter Gehorsam ist unsere dankbare Reaktion auf Gottes Gnade. Es war Dankbarkeit, die Paulus in seinem Dienst vorwärts trieb. Sie motiviert auch uns heute, dass wir uns am Jesu Werk durch den Heiligen Geist und mittels seiner Gemeinde beteiligen. Durch Gottes Gnade führt dieser Dienst zur Neuausrichtung von Leben.In Christus und mit Hilfe des Heiligen Geistes sind wir jetzt und für immer geliebte Kinder unseres Vaters im Himmel. Alles, was Gott sich von uns wünscht, ist, dass wir in seiner Gnade wachsen und so ihn immer besser erkennen (2. Petrus 3,18). Dieses Wachsen in der Gnade und Erkenntnis wird sich fortsetzen jetzt und für ewige Zeiten im neuen Himmel und auf der neuen Erde. Gott gebührt alle Ehre!
von Joseph Tkach