Josefs Weg, Vergebung und Gnade
Haben Sie sich je in einer Situation befunden, in der Sie völlig machtlos waren? Waren Sie je in der unglücklichen Lage, keine Chance zu sehen, Ihre Umstände zu ändern? Stellen Sie sich vor, Sie lägen in einer ausweglosen Lage, ohne jegliche Möglichkeit, sich selbst zu befreien. Wie würden Sie reagieren?
Vielleicht kennen Sie die Erzählung von Josef, dem Lieblingssohn unter den zwölf Söhnen Jakobs. Sein Vater schenkte ihm einen prachtvollen, bunten Mantel, was bei seinen Brüdern Neid und Eifersucht auslöste. Aus Wut und Verachtung warfen sie Josef in einen tiefen Brunnen. Dort lag er hilflos am Boden, unfähig, sich selbst zu befreien – völlig abhängig von der Hilfe anderer. Dies war erst der Anfang eines steinigen Wegs, der ihn in die Sklaverei, ins Gefängnis und in Misshandlungen führte.
Jahre später, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, stieg Josef zur zweithöchsten Machtposition in Ägypten auf. Während einer schweren Hungersnot kamen seine Brüder nach Ägypten, um für ihre Familie Nahrung zu bitten, ohne zu ahnen, dass der mächtige ägyptische Beamte, vor dem sie standen, ihr eigener Bruder Josef war, den sie einst in einen Brunnen geworfen hatten.
Anfangs zögerte Josef, seinen Brüdern sofort seine wahre Identität preiszugeben. Die Gnade siegte. Er beendete sein Versteckspiel, offenbarte sich und sagte zu seinen Brüdern: «Ich bin Josef. Lebt mein Vater noch? Und seine Brüder konnten ihm nicht antworten, so erschraken sie vor seinem Angesicht. Er aber sprach zu seinen Brüdern: Tretet doch her zu mir! Und sie traten herzu. Und er sprach: Ich bin Josef, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt» (1. Mose 45,3-4).
Sie waren so überwältigt, ihn vor sich zu sehen, dass Josef sich mehrmals wiederholen musste, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Das Machtverhältnis hatte sich komplett umgekehrt. Nun steckten sie in einer verzweifelten Lage, während Josef die Kontrolle hatte. Sie litten unter der Hungersnot und waren auf die Barmherzigkeit Ägyptens angewiesen. Josef hatte die Oberhand, statt seine Macht auszunutzen und Vergeltung zu üben, offenbarte er ihnen seinen Plan, für ihren alternden Vater zu sorgen.
Das ist Gnade, die auf das Recht zur Vergeltung verzichtet und hält inne, wenn wir nach menschlichem Ermessen «Gerechtigkeit» herstellen möchten. Gottes Gnade zeigt uns, dass er nicht nach menschlichen Massstäben handelt. Josef vergab seinen Brüdern, die ihn misshandelt hatten, und nahm sie liebevoll auf. In Gottes Reich finden die Schwachen Stärke; Sünder werden mit Ehre empfangen. Der einst in den Brunnen geworfene Junge bestieg den Thron, und Josef, dem der prächtige Mantel entzogen worden war, sorgt jetzt für seine Familie. So wie Josef seinen Brüdern Gnade schenkte, ruft Gott auch uns dazu auf, in unserem Leben Raum für seine Gnade zu schaffen – sowohl um sie selbst zu empfangen als auch um sie weiterzugeben.
Lieber Leser, denken Sie darüber nach, wo in Ihrem Leben Gottes Gnade bereits gewirkt hat und wo sie noch gebraucht wird. Gottes Gnade ist grenzenlos und steht auch Ihnen zur Verfügung. Lassen Sie sich von ihr erfüllen und führen, damit auch Sie die Kraft finden, anderen zu vergeben und sie in Liebe anzunehmen. Gott möchte Ihnen weit mehr an Gnade schenken, als Sie es sich je vorstellen können. Öffnen Sie Ihr Herz und empfangen Sie seine Gnade.
von Greg Williams
Weitere Artikel über dieses Thema: