Unsichtbare Fussspuren

UnsichtbarSie kennen vermutlich das alte Lied von Ernst Gebhardt: «Welch ein Freund ist unser Jesus». Die zweite Strophe lautet wörtlich: «Wenn des Feindes Macht uns drohet und manch Sturm rings um uns weht, brauchen wir uns nicht zu fürchten, stehn wir gläubig im Gebet. Da erweist sich Jesu Treue, wie er uns zur Seite steht als ein mächtiger Erretter, der erhört ein ernst Gebet».
Unsere Probleme im Gebet vor Gott zu bringen, ist in christlichen Kreisen ein bewährtes Rezept. Leider reicht es manchmal nicht aus, uns zu stabilisieren; wir brauchen einen neuen Blickwinkel auf das Gebet. Genau das zeigt Psalm 77, in dem der Sänger Asaph grosse Not erlebt. Er schüttet sein Herz vor Gott aus, findet diesmal aber keinen Trost: «Ich rufe zu Gott und schreie um Hilfe, zu Gott rufe ich, und er erhört mich. In der Zeit meiner Not suche ich den Herrn; meine Hand ist des Nachts ausgereckt und lässt nicht ab; denn meine Seele will sich nicht trösten lassen. Ich denke an Gott – und bin betrübt; ich sinne nach und mein Geist verzagt» (Psalm 77,2-4).

Anschliessend stellt Asaph jene Fragen, die auch uns quälen, wenn wir am Ende unserer Kräfte stehen: «Hat Gott vergessen, gnädig zu sein, hat er sein Erbarmen im Zorn verschlossen» (Psalm 77,10).

Der Psalmist vermutet, er selbst habe vielleicht etwas getan, das Gottes Herz abwandte oder dass Gott sich verändert hat. Dann fasst er einen entscheidenden Entschluss, der ebenso wichtig ist wie das Beten selbst. Er blickt zurück, sucht Belege für Gottes Treue und erinnert sich an die Rettung Israels am Roten Meer: «Dein Weg ging durch das Meer und dein Pfad durch grosse Wasser; doch niemand sah deine Spur. Du führtest dein Volk wie eine Herde durch die Hand von Mose und Aaron» (Psalm 77,20–21).

Asaph erinnert sich an die Situation, als die Israeliten vor den Ägyptern flohen. Hinter ihnen drängte das ägyptische Heer, vor ihnen türmte sich das Meer auf – kein Ausweg in Sicht. Da öffnete Gott das Wasser und erhörte ihren Hilferuf, obwohl seine Fussspuren unsichtbar blieben.Häufig wählt Gott eine völlig andere Lösung, als wir erwarten. Haben Sie das ebenfalls schon erlebt? Wie Asaph dürfen wir vertrauen, dass Gottes Antwort für alle Beteiligten die Beste sein wird. Darum ist es ein guter Rat, unsere Anliegen im Gebet vor Gott zu bringen. Gleichzeitig hilft es, Geschichten seiner Treue wachzuhalten: «Der wird euch auch fest machen bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus. Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn» (1. Korinther 1,8-9).

Begegnen wir Prüfungen und Versuchungen, können wir bewusst über Gottes frühere Versorgung in unserem Leben und im Leben anderer nachdenken. Seine erwiesene Treue schenkt Hoffnung, dass er auch jetzt treu bleibt: «Lasst uns festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheissen hat» (Hebräer 10,23). Ruhen Sie heute geborgen in Gottes Treue. Selbst wenn Sie seine Fussspuren in Ihrer aktuellen Lage nicht erkennen können, trägt Gott Sie – wie damals – sicher hindurch.

von Heber Ticas


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