Zeit, mit Gott allein zu sein

RuhePsalm 23 gehört zu den bekanntesten und am häufigsten zitierten Psalmen der Bibel. Meine persönliche Gedankenwanderung durch diesen Psalm bietet Ihnen und mir die Gelegenheit, über die Bedürfnisse eines Christen nachzudenken. David beginnt mit der schlichten Feststellung und Zusicherung: «Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln» (Psalm 23,1).

Was könnte es Tröstlicheres geben, als zu wissen, dass meine geistliche Bestimmung und mein Heil nicht davon abhängen, wer ich bin und was ich tue, sondern allein davon, wer Gott ist? Jesus sagte von sich selbst: «Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe» (Johannes 10,11).

Jesus ist nicht deshalb mein Hirte, weil ich ihn gewählt habe, sondern weil er mich gewählt hat. Einfach ausgedrückt heisst das, dass ich als eines seiner Schafe nicht auf meine eigenen Fähigkeiten vertrauen muss, um seiner fürsorglichen Liebe gewiss zu sein. Vielmehr darf ich in seiner vollkommenen Liebe, die er als der mustergültige Hirte mir entgegenbringt, Ruhe finden. Geborgen in Jesu Liebe finde ich in ihm Frieden, sei es, dass ich mich dem Ansturm der täglichen Pflichten stelle oder am Ende des Tages Entspannung suche.

Im Alltag neige ich dazu, Gott aus meinem Leben zu verdrängen und gaukele mir das gefährliche Trugbild vor, ich sei der Herr meines eigenen Schicksals. Gerade in solchen Zeiten ist es für mich besonders wichtig, einen persönlichen Rückzugsort aufzusuchen, an dem ich frei von Ablenkungen um Gottes Frieden und Hilfe bitte und die wahre Realität erkennen kann. Inmitten der Wirren und Drangsale des Lebens darf ich seine liebevolle, führende Hand erfahren. Nur in der stillen Gemeinschaft mit dem Herrn meines Lebens gelingt es mir, die Illusion der Selbstgenügsamkeit zu entlarven und zuzulassen, dass der frische Wind Gottes den Schleier der Sorgen und Nöte von mir fortweht, damit echtes Vertrauen und wahre Sicherheit in seinem Schoss wieder Raum gewinnen.

Um seines Namens willen

«Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Strasse um seines Namens willen» (Psalm 23,2-3). Allzu oft treibt es mich aus eigener Kraft zur grünen Aue und zum frischen Wasser. Ich suche Gelassenheit und Besonnenheit und möchte den rechten Weg aus eigener Kraft finden. Dabei vergesse ich in all meinem Streben, dass es Gott ist, der mich auf grünen Auen verweilen lässt und mich zum frischen Wasser führt. Das Gute finde ich nur, wenn ich zulasse, dass Gott mich führt. Nur er kennt den Weg und kann mich dorthin bringen, wenn ich ihm folge, mir meiner Hilflosigkeit bewusst bin und darauf vertraue, dass er mir schenkt, was ich am meisten brauche.

Jesus erinnert mich daran, dass ich das wahre Leben nicht ohne seine Hilfe führen kann: «Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht» (Matthäus 11,29-30).

Er ruft mir ins Gedächtnis, dass mein von ihm genährtes Verlangen nach Ruhe und Geborgenheit nur durch Hingabe an ihn gestillt wird. Er ermahnt mich, dass er mich um seines Namens und seiner Herrlichkeit willen zum Frieden führt. Wenn ich all meine Sorgen auf ihn werfe und meinen Willen wie auch meine Ziele um seinetwillen loslasse, beginnt sein Licht, die Dunkelheit zu durchdringen.

Allein zusammen mit ihm erinnert Jesus mich daran, dass ich das wahre Leben nicht ohne seine Hilfe führen kann. Er ruft mir ins Gedächtnis, dass mein von ihm gespeistes Verlangen nach Ruhe und Geborgenheit, die er zu geben vermag, nur durch Hingabe an ihn gestillt werden kann. Er ermahnt mich, dass er es ist, der mich um seines Namens und seiner Herrlichkeit willen und nicht meinetwillen zum Frieden führt. Wenn ich all meine Sorgen auf ihn werfe und meinen Willen und meine Ziele um seinetwillen aufgebe, beginnt das Licht, die Dunkelheit zu durchdringen.

Betrübliche Tage

«Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich» (Psalm 23,4). Die Kraft, die mir Gott schenkt, wenn mein Leben in ruhigen Fahrwassern verläuft, ermöglicht es mir, turbulente und dunkle Zeiten zu überstehen. Statt über betrübliche Tage zu lamentieren, vermag ich in ihnen dank Gottes Gnade seine Barmherzigkeit und Güte zu sehen. Dies ermöglicht mir, mich an den Leiden unseres Herrn Jesus Christus teilhaben zu lassen. Die in guten Zeiten getankte Kraft hilft mir über die dunklen Zeiten hinweg. Es ist nicht meine Kraft, sondern seine Stärke. Die dunklen Zeiten treiben mich zu ihm, auf dass ich meine Stärke wiedergewinne, indem ich mich an seiner kühlen Quelle labe und auf seinen grünen Auen Ruhe finde.

In solchen Zeiten wird mir deutlich klar, wie wichtig Glaubensrituale sind. Wenn ich es mir nicht zur Gewohnheit gemacht habe, mich mit unbedeutenden, ja vielleicht auch trivialen Angelegenheiten an Jesus zu wenden, wie kann ich dann erwarten, dass ich es tue, wenn wirklich Probleme von Belang anstehen? Wenn ich es nicht gewohnt bin, mich im Kleinen zurückzuhalten, was meine persönlichen Wünsche anbelangt, oder sie mir auch mal zu versagen, wie kann ich dann hoffen, wirklich starken Versuchungen widerstehen zu können? Wenn ich meinen Willen in fast allen Belangen durchzusetzen suche, wie kann ich dann erwarten, mich Gott und seinem Willen hinsichtlich meines Lebens zu unterwerfen? Wer sich bewusst auf Gottes Weg begibt, findet echte, tiefe Ruhe – dieselbe Ruhe, die Christus uns anbietet: «Tretet hin an die Wege und schaut und fragt nach den Wegen der Vorzeit, welches der gute Weg sei, und wandelt darin, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele!» (Jeremia 6,16).

In diesen Zeiten berührt mich Gott, schenkt mir neuen Mut und ruft in mir die Aussicht auf eine glänzende Zukunft in ihm wieder in Erinnerung. Er steht mir bei, zeigt sich mir in einer Weise, wie ich es nie erwartet hätte, und erinnert mich daran, dass er mein Stecken und Stab ist. Er gibt mir Frieden und Kraft, selbst dem Schlimmsten mutig ins Auge zu sehen, sodass ich sagen kann: Nicht mein Wille geschehe, sondern dein Wille geschehe. Nachdem ich einmal all das Gute, das von Gott kommt, erfahren habe, kann ich in dem von ihm gespeisten Bewusstsein Ruhe finden, dass selbst die dunkelste Nacht einmal endet und die Sonne aufgeht.

Ruhe in Gott

«Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein» (Psalm 23,5). In den Zeiten der Zurückgezogenheit mit meinem göttlichen Versorger erfüllt dieser mich mit Reichtümern sowie mit Frieden und Freude, die die Ängste, Zweifel und Enttäuschungen meines Erdenlebens weit übertreffen. Er ordnet meine Prioritäten neu, rückt meine Sichtweise zurecht und öffnet meinen Blick für das wahre Leben in Christus, soweit mein Verstand es begreifen kann. Ich werde daran erinnert, was Gott tut, nicht daran, was ich zu tun vermag. Ich kann tun, was ich tun sollte, weil Jesus Christus in mir wirkt und ich in ihm ruhe.

Würde ich versuchen, all das aus mir heraus ohne Jesus zu bewerkstelligen, so wäre ich wie ein Baum, auf dem nur hohle Früchte wachsen. In Gott bin ich gehalten, er macht mich stark und segnet mich. Selbst mein Ansehen hängt nicht von mir ab, sondern von der in mir wirkenden Kraft Gottes. Jede Anerkennung meiner Leistungen gebührt ihm. Wenn ich versage, geschieht dies, weil ich ihn ausgeschlossen und mich von ihm und dem Reichtum seiner Gnade abgekehrt habe. Ich vergass, dass ich ihn brauche und dass mein ganzes Leben in ihm ruht. Stattdessen versuchte ich, aus eigener Kraft zu handeln, als ob das möglich wäre. Vor allem vergass ich die Tiefe seiner Liebe für mich persönlich.

Heimkommen

«Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar» (Psalm 23,6). Das Alleinsein mit Gott ermöglicht mir einen Kontakt zu ihm, wie ich ihn in anderer Form nie wahrnehmen könnte. Es ist wie ein Heimkommen, ein Vorgeschmack auf die wahre Realität und das wahre Leben, das er mir in Jesus schenkt. Es ist wie eine Kostprobe des grossen Festmahls, zu dem er mich dereinst geleiten wird, eine flüchtige Vorahnung der künftigen Wonnen.

Liebe Leserin und lieber Leser, Ihr Leben ist nichts ohne Gott und alles mit ihm. Die Gnade und Güte, die Ihnen folgen, gehen auf Gott zurück und folgen Ihnen, weil er Sie liebt – nicht, weil Sie ihm etwas zu bieten hätten. In Zeiten des Rückzugs können Sie sich selbst verlieren und sich ihm anvertrauen. Der Heilige Geist schenkt Ihnen den Glauben, dass Sie dem Bilde Christi gleichen. Allein mit Gott können Sie dieses Werk in Angriff nehmen, ihn um seinen Willen bitten, seiner Gnade und Macht vertrauen und gewiss sein, dass Sie ewiglich in seinem Haus wohnen werden.

von Mike Feazell


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