Gnade und Hoffnung
In der Geschichte von Les Miserables (Die Elenden) wird Jean Valjean nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in die Residenz eines Bischofs eingeladen, erhält eine Mahlzeit und ein Zimmer für die Nacht. In der Nacht stiehlt Valjean etwas von dem Tafelsilber und läuft weg, wird aber von den Gendarmen gefasst, die ihn mit den gestohlenen Gegenständen zum Bischof zurückbringen. Statt Jean anzuklagen, gibt ihm der Bischof zwei silberne Kerzenständer und erweckt den Eindruck, er habe ihm die Gegenstände geschenkt.
Jean Valjean, verhärtet und zynisch geworden durch eine langjährige Gefängnisstrafe, weil er Brot gestohlen hatte, um die Kinder seiner Schwester zu ernähren, wurde durch diesen Gnadenakt des Bischofs ein anderer Mensch. Statt ins Gefängnis zurückgeschickt zu werden, konnte er ein ehrliches Leben beginnen. Statt das Leben eines Verurteilten führen zu müssen, wurde ihm jetzt Hoffnung zuteil. Ist dies nicht die Botschaft, die wir in eine finster gewordene Welt bringen sollen? Paulus schrieb an die Gemeinde in Thessalonich: «Er aber, unser Herr Jesus Christus, und Gott, unser Vater, der uns geliebt und uns einen ewigen Trost gegeben hat und eine gute Hoffnung durch Gnade, der tröste eure Herzen und stärke euch in allem guten Werk und Wort» (2. Thessalonicher 2,16-17).
Wer ist die Quelle unserer Hoffnung? Es ist unser dreieiniger Gott, der uns ewige Ermutigung und gute Hoffnung gibt: «Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner grossen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereitet ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit» (1. Petrus 1,3-5).
Der Apostel Petrus sagt, durch Jesu Auferstehung haben wir eine lebendige Hoffnung. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind die Quelle aller Liebe und Gnade. Wenn wir das verstehen, werden wir sehr ermutigt und uns wird jetzt und für die Zukunft Hoffnung geschenkt. Diese Hoffnung, die uns ermutigt und stärkt, führt uns dazu, mit guten Worten und Taten zu antworten. Als Gläubige, die daran glauben, dass Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen wurden, wollen wir in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen einen positiven Eindruck bei anderen hinterlassen. Wir möchten, dass sich andere ermutigt, gestärkt und hoffnungsvoll fühlen. Wenn wir uns nicht auf die Hoffnung konzentrieren, die in Jesus besteht, kann unser Umgang mit Menschen leider dazu führen, dass sich andere entmutigt, ungeliebt, abgewertet und ohne Hoffnung fühlen. Das ist etwas, worüber wir bei all unseren Begegnungen mit anderen Menschen wirklich nachdenken sollten.
Das Leben ist manchmal sehr komplex und wir stehen vor Herausforderungen in den Beziehungen zu anderen gegenüber, aber auch zu uns selbst. Wie gehen wir als Eltern, die ihre Kinder erziehen und fördern wollen, mit den Problemen um, wenn sie auftreten? Wie gehen wir als Arbeitgeber, Vorgesetzter oder Verwalter mit Schwierigkeiten bei einem Angestellten oder Mitarbeiter um? Bereiten wir uns vor, indem wir uns auf unsere Beziehung zu Christus konzentrieren? Die Wahrheit ist, dass unsere Mitmenschen von Gott geliebt sind und von ihm geschätzt werden?
Es ist schmerzhaft, negative Äusserungen, Beschimpfungen, unfaire Behandlung und Verletzungen ertragen zu müssen. Wenn wir uns nicht auf die wunderbare Wahrheit konzentrieren, dass uns nichts von der Liebe und Gnade Gottes trennen kann, können wir leicht nachgeben und zulassen, dass das Negative uns auszehrt und so entmutigt und unmotiviert zurücklässt. Gott sei Dank haben wir Hoffnung und können andere an die Hoffnung erinnern, die in uns ist und in ihnen sein kann: «Heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Ehrfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen» (1. Petrus 3,15-16).
Worin besteht also der Grund für die Hoffnung, die wir haben? Es ist die Liebe und Gnade Gottes, die uns in Jesus geschenkt wurde. Dadurch leben wir. Wir sind die Empfänger seiner gnädigen Liebe. Durch den Vater liebt uns Jesus Christus und schenkt uns eine nie versiegende Ermutigung und eine sichere Hoffnung: «Er aber, unser Herr Jesus Christus, und Gott, unser Vater, der uns geliebt und uns einen ewigen Trost gegeben hat und eine gute Hoffnung durch Gnade, der tröste eure Herzen und stärke euch in allem guten Werk und Wort» (2. Thessalonicher 2,16-17).
Durch die Hilfe des in uns wohnenden Heiligen Geistes lernen wir die Hoffnung, die wir in Jesus haben, zu verstehen und daran zu glauben. Petrus ermahnt uns, den festen Halt nicht zu verlieren: «Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesus Christus. Ihm sei Ehre jetzt und für ewige Zeiten!» (2. Petrus 3,18).
In dem Musical Les Miserables singt Jean Valjean am Ende das Lied «Wer bin ich?» Das Lied enthält den Text: «Er gab mir Hoffnung, als sie entschwand. Er gab mir Kraft, damit ich überwand». Man kann sich fragen, ob diese Worte aus dem Brief des Paulus an die Gläubigen in Rom stammen: «Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes» (Römer 15,13).
Aufgrund der Auferstehung Jesu und der damit verbundenen Botschaft der Hoffnung auf eine wunderbare Zukunft, ist es gut, über Jesu höchsten Akt der Liebe nachzudenken: «Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäusserte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt» (Philipper 2,6-7).
Jesus erniedrigte sich selbst um Mensch zu werden. Er schenkt jedem von uns freigiebig Gnade, damit wir von seiner Hoffnung erfüllt werden. Jesus Christus ist unsere lebendige Hoffnung!
von Robert Regazzoli