Bund der Vergebung
Wie vergeben Sie einem Menschen im Rahmen des täglichen Lebens? Es ist gar nicht so einfach. Einige Kulturen haben regelrechte Vergebungsriten. So vollziehen die Massai in Tansania beispielsweise ein sogenanntes Osotua, was so viel wie «Bund» bedeutet. In seinem mitreissend geschriebenen Buch Christianity Rediscovered (Wiederentdecktes Christentum) berichtet Vincent Donovan, wie Osotua abläuft. Ist innerhalb einer Gemeinschaft unter Familien ein Vergehen begangen worden, so kann dies verheerende Auswirkungen auf die Einheit des Nomadenstammes als Ganzes haben. Das Zusammenleben ist in Gefahr.
Es ist daher unbedingt erforderlich, dass beide an der Auseinandersetzung beteiligten Parteien im Rahmen eines Aktes der Vergebung zusammengebracht werden. Die Gemeinschaft bereitet ein Mahl, zu dem die beteiligten Familien die Zutaten beisteuern. Sowohl der Betroffene als auch der Sünder selbst müssen die bereitete Speise annehmen und essen. Die Mahlzeit wird «Heilige Speise» genannt. Der dahinterstehende Gedanke ist, dass die Vergebung mit dem Essen der Speise verbunden ist und ein neues Osotua beginnt. Verblüffend schlicht und einfach!
Haben Sie mit jemandem, den Sie nicht mögen oder an dem Sie sündig geworden sind, heilige Speisen geteilt? Wie verhält es sich mit dem Abendmahl? Kann ein neuer Bund der Vergebung zwischen Ihnen und jemandem, an dem Sie sich versündigt haben oder der sich an Ihnen versündigt hat, geschlossen werden, während Sie gemeinsam das Abendmahl feiern? «Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe stehen und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe» (Matthäus 5,23-24)
Wie wäre es mit einem Treffen, um «Heilige Speise» gemeinsam einzunehmen? Oder tragen Sie denselben Groll von einem Abendmahl zum nächsten? Donovan bemerkt hinsichtlich des Brauches der Massai: «Durch den Austausch heiliger Speisen wird Vergebung aufs Neue bezeugt». Welch ein Segen, wenn wir der Aufforderung im obigen Zitat, unserem Herrn und Erlöser tatkräftig beipflichten können.
von James Henderson