„Das Einzige, was ich tun wollte, war sündigen. Ich dachte schlechte Worte und ich wollte sie am liebsten sagen ...“Bill Hybels war fertig und aufgebracht. Der berühmte christliche Leiter hatte auf seiner Reise von Chicago nach Los Angeles zwei verspätete Flüge und sass für sechs Stunden auf der Abfahrtschneise des Flughafens in einem gefüllten Flugzeug und dann wurde sein Anschlussflug gestrichen. Endlich konnte er das Flugzeug betreten und kollabierte auf seinen Sitz. Sein Handgepäck war auf seinem Schoss, weil in der Kabine und unter den Sitzen kein Platz war. Gerade als das Flugzeug sich langsam in Bewegung setzte, bemerkte er eine Frau, die zur Tür eilte und den Korridor entlang fiel. Sie trug mehrere Taschen, die überall hinflogen, aber das war ihr geringstes Problem. Was ihre Situation noch verschärfte, war die Tatsache, dass ein Auge „förmlich zugeschwollen“ war und es schien, dass sie mit dem anderen Auge die Sitznummern nicht lesen konnte. Die Flugbegleiter waren nicht in Sichtweite. Während er noch vor Wut schäumte und damit beschäftigt war, sich selbst zu bemitleiden, hörte Hybels Gott in sein Ohr flüstern: „Bill, ich weiss, dies war keiner der guten Tage für dich. Du hast Flüge verpasst und gewartet, in Schlangen gestanden und du hast es gehasst. Nun aber hast du die Chance, dass der Tag besser wird, indem du aufstehst und dieser verzweifelten Frau Freundlichkeit erweist. Ich werde dich nicht dazu zwingen, es zu tun, aber ich glaube, dass du freudig überrascht sein wirst, wenn du es tust.“
Ein Teil von mir wollte sagen, „Ganz bestimmt nicht! Ich fühl mich gerade nicht danach.“ Aber eine andere Stimme sagte „Vielleicht haben meine Gefühle damit gar nichts zu tun. Vielleicht sollte ich es einfach tun.“ Also stand er auf, lief den Gang entlang und fragte die Dame, ob er ihr helfen könne, ihren Platz zu finden. Als er herausgefunden hatte, dass sie nur gebrochen Englisch sprach, nahm er ihre Taschen, die auf den Boden gefallen waren, führte sie zu ihrem Sitzplatz, verstaute ihr Gepäck, nahm ihr die Jacke ab und vergewisserte sich, dass sie angeschnallt war. Dann ging er wieder zu seinem Platz zurück.
„Darf ich für einen Augenblick ein wenig mystisch sein?“, schreibt er. „Als ich mich wieder in meinen Sitzplatz setzte, überkam mich eine Welle der Wärme und Wonne. Der Frust und die Anspannung, die mich den ganzen Tag beschäftigten, begannen zu verschwinden. Ich spürte, wie meine verstaubte Seele von einem warmen Sommerregen durchspült wurde. Zum ersten Mal in 18 Stunden fühlte ich mich gut.“ Sprüche 11,25 (EBF) ist wahr: „Wer gern wohltut, wird reichlich gesättigt, und wer (andere) tränkt, wird auch selbst getränkt.“
König Salomon lieh sich diese Worte von einem Bild aus der Landwirtschaft und wörtlich meint es, dass der, wer wässert, soll auch selbst bewässert werden. Er dachte, dies sei vielleicht eine typische Praxis von Farmern, als er diese Worte schrieb. Während der Regenzeit, wenn die Flüsse übertreten, führen manche Bauern, deren Felder in der Nähe eines Flussufers sind, das Wasser in grosse Reservoirs ab. Dann, während der Dürrezeit hilft der selbstlose Bauer seinen Nachbarn, die kein Wasserreservoir haben. Er öffnet dann vorsichtig die Schleusen und führt das lebensspendende Wasser auf die Felder der Nachbarn. Wenn wieder eine Dürreperiode kommt, hat der selbstlose Bauer nur wenig oder gar kein Wasser für sich selbst. Die benachbarten Bauern, die in der Zwischenzeit ein Reservoir gebaut haben, würden ihm seine Freundlichkeit vergelten, indem sie seine Felder mit Wasser versorgen.
Es geht nicht darum, 100 Euro zu spenden, damit Gott den gleichen Betrag oder einen höheren zurückgibt. Dieses Sprichwort erklärt nicht, was die Grosszügigen erhalten, (nicht unbedingt finanziell oder materiell) sondern sie erfahren etwas, das viel tiefer als physisches Glück ist. Salomon sagt: „Wer gern wohltut, wird reichlich gesättigt“. Das hebräische Wort für „sättigen / laben / wohlergehen“ meint nicht einen Zuwachs an Geld oder Gütern, sondern es bedeutet, Wohlstand im Geist, in der Erkenntnis und in den Gefühlen.
In 1. Könige lesen wir die Geschichte vom Propheten Elia und einer Witwe. Elia versteckt sich vor dem bösen König Ahab und Gott weist ihn an, in die Stadt Zarpat zu gehen. „Ich habe dort einer Witwe geboten, dich zu versorgen“, sagt Gott zu ihm. Als Elia in der Stadt ankommt, entdeckt er eine Witwe, die Feuerholz sammelt und bittet sie um Wasser und Brot. Sie antwortet folgendes: „So wahr der Herr, dein Gott, lebt: ich habe nichts Gebackenes, nur eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich hab ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will mir und meinem Sohn zurichten, dass wir essen – und sterben.“ (1. Kön 17,912).
Vielleicht ist das Leben für die Witwe zu schwer geworden und sie hat aufgegeben. Es war für sie, physisch betrachtet, unmöglich, zwei Menschen zu ernähren, geschweige denn drei, mit dem Wenigen, das sie hatte.
Doch der Text geht weiter:
„Elia sprach zu ihr: Fürchte dich nicht! Geh hin und mach’s, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst mir etwas Gebackenes davon und bringe mir’s heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen. Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird auf Erden. Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte. Und er ass und sie auch und ihr Sohn Tag um Tag. Das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des Herrn, das er durch Elia geredet hatte.“ (1. Kön 17,13-16) Morgens und abends, tagein und tagaus, fand die Witwe Mehl in ihrem Topf und Öl in ihrem Krug. Sprüche 11,17 sagt „Freundlichkeit nährt deine Seele“ (Neues Leben. Die Bibel). Nicht nur ihre „Seele“ wurde genährt, sondern ihr ganzes Leben. Sie gab von ihrem Wenigen und ihr Weniges wurde vermehrt.
Falls wir die Lektion noch nicht verstanden haben, steht einige Verse später:
„Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr; ein anderer kargt, wo er nicht soll, und wird doch ärmer“ (Sprüche 11,24). Unser Herr Jesus wusste davon, als er sagte: „Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfliessendes Mass wird man in euren Schoss geben; denn eben mit dem Mass, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen.“ (Lukas 6,38) Lesen Sie auch mal bei 2. Korinther 9,6-15!
Es geht nicht darum, immer nur gute Taten zu tun. Wir müssen unsere Grosszügigkeit mit unserem Urteilsvermögen verbinden. Wir können nicht auf jedes Bedürfnis reagieren. Sprüche 3,27 weist uns hier an: „Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag“. Das impliziert, dass manche Menschen unsere Hilfe nicht verdienen. Möglicherweise weil sie faul und nicht gewillt sind, für ihr eigenes Leben Verantwortung zu übernehmen. Sie nutzen Hilfe und Grosszügigkeit aus. Setzen Sie Grenzen und verweigern Sie keine Hilfe.
Mit welchen Talenten und Gaben hat Gott Sie gesegnet? Haben Sie ein wenig mehr Geld als andere? Welche geistlichen Gaben haben Sie? Gastfreundschaft? Ermutigung? Warum erfrischen wir nicht jemanden, mit unserem Reichtum? Seien Sie kein Reservoir, das bis zum Rand gefüllt bleibt. Wir sind gesegnet, damit wir ein Segen sein können (1. Petrus 3,9). Fragen Sie Gott, Ihnen zu zeigen, wie Sie treu seine Güte weitergeben und andere erfrischen können. Gibt es jemanden, dem Sie diese Woche Grosszügigkeit, Freundlichkeit und Mitgefühl erweisen können? Vielleicht durch Gebet, Taten, Worte der Ermutigung oder indem Sie jemanden näher zu Jesus führen. Vielleicht durch Email, Textnachricht, Anruf, Brief oder Besuch.
Seien Sie wie die Arbeiter am Flussbett und lassen sich vom Segensfluss der Gnade Gottes und seiner Güte durchtränken und geben Sie diese weiter. Grosszügiges Geben segnet andere Menschen und lässt uns Teil von Gottes Königreich hier auf Erden sein. Wenn Sie sich mit Gott zu einem Fluss seiner Liebe vereinen, werden Freude und Frieden in ihrem Leben fliessen. Die, welche andere erfrischen, werden selbst erfrischt werden. Oder anderes ausgedrückt: Gott hat es eingelöffelt, ich löffle es aus, Gott hat den grössten Löffel.
von Gordon Green