Matthäus 9: Zweck der Heilungen
Matthäus 9 berichtet, wie die meisten anderen Kapitel des Matthäusevangeliums auch, über verschiedene Ereignisse aus dem Leben Christi. Dabei handelt es sich nicht einfach um eine ungeordnete Sammlung von Berichten – Matthäus fügt manchmal Geschichte an Geschichte, weil sie sich wunderbar ergänzen. Mittels physischer Beispiele werden geistliche Wahrheiten aufgezeigt. In Kapitel 9 hat Matthäus eine Anzahl von Geschichten zusammengefasst, die auch im Markus – und Lukasevangelium zu finden sind – jedoch sind die Ausführungen des Matthäus wesentlich kürzer und prägnanter.
Die Autorität zur Vergebung von Sünden
Als Jesus nach Kapernaum zurückgekehrt war, „da brachten sie [ein paar Männer] zu ihm einen Gelähmten, der lag auf einem Bett. Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben“ (V 2). Im Glauben hatten ihn die Männer zu Jesus gebracht, damit er ihn heile. Jesus widmete sich dem Gelähmten, denn sein grösstes Problem war nicht seine Lähmung, sondern seine Sünden. Jesus kümmerte sich als erstes darum.
„Und siehe, einige unter den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott“ (V 3). Sie dachten, nur Gott kann Sünden vergeben, Jesus nähme sich zu viel heraus.
„Als aber Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denkt ihr so Böses in euren Herzen? Was ist denn leichter, zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf und geh umher? Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, auf Erden die Sünden zu vergeben – sprach er zu dem Gelähmten: Steh auf, hebe dein Bett auf und geh heim! Und er stand auf und ging heim“ (V 5-6). Es ist leicht, über göttliche Vergebung zu reden, aber es ist schwer zu beweisen, dass sie wirklich zuteil geworden ist. Deshalb vollbrachte Jesus ein Heilungswunder, um zu zeigen, dass er die Autorität hatte, Sünden zu vergeben. Seine Mission auf der Erde bestand nicht darin, alle Menschen von ihren physischen Krankheiten zu heilen; er hat nicht einmal alle Kranken in Judäa geheilt. Seine Mission war vor allem die Vergebung der Sünden anzukündigen – und dass er die Quelle der Vergebung sei. Dieses Wunder war nicht dazu bestimmt, körperliche Heilungen zu verkünden, sondern, was viel wichtiger ist, geistliche Heilung. „Als das Volk das sah, fürchtete es sich und pries Gott“ (V 8) – aber nicht jeder war darüber erfreut.
Essen mit Sündern
Nach diesem Vorfall „sah er [Jesus] einen Menschen am Zoll sitzen, der hiess Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm“ (V 9). Die Tatsache, dass Matthäus am Zoll sass, deutet darauf hin, dass er die Zollabgaben von Leuten erhob, die Waren durch ein Gebiet transportierten – vielleicht sogar von Fischern, die ihren Fang in die Stadt brachten, um ihn zu verkaufen. Er war ein Zollbeamter, ein Maut-Kassierer und ein von den Römern beauftragter „Strassenräuber“. Und doch verliess er seinen lukrativen Job, um Jesus zu folgen, und das Erste, was er tat, war, Jesus zu einem Festessen mit seinen Freunden einzuladen.
„Und es begab sich, als er zu Tisch sass im Hause, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und sassen zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern“ (V 10). Das wäre vergleichbar mit einem Pastor, der zu einer Party in eine schicke Mafia-Villa ginge.
Die Pharisäer beobachten die Art der Gesellschaft, in der sich Jesus befand, aber sie wollten ihn nicht direkt angehen. Stattdessen fragten sie seine Jünger, „Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?“ (V 11b). Die Jünger mögen sich verdutzt angeschaut haben und schliesslich antwortete Jesus: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken“.Geht aber hin und lernt, was das heisst (Hosea 6,6): »Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer«. „Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten“ (V 12). Er hatte die Autorität zum Vergeben – hier fand auch eine geistliche Heilung statt.
So wie ein Arzt sich für die Kranken einsetzt, so setzte sich Jesus für die Sünder ein, weil sie diejenigen waren, zu deren Hilfe er gekommen war. (Jeder Mensch ist ein Sünder, aber das ist nicht das, worauf es Jesus hier ankommt.) Er berief Menschen, heilig zu sein, aber er forderte nicht von ihnen, perfekt zu sein, bevor er sie berief. Weil wir Gnade so viel nötiger haben, als das Gericht, wünscht sich Gott, dass wir mehr Gnade üben als über andere zu richten. Selbst wenn wir alles von Gott Gebotene tun (z. B. opfern), aber darin versagen, Gnade gegenüber anderen walten zu lassen, dann haben wir versagt.
Das Alte und das Neue
Die Pharisäer waren nicht die Einzigen, die sich über Jesu Dienst wunderten. Die Jünger des Johannes dem Täufer stellten Jesus die Frage: „Warum fasten wir und die Pharisäer so viel und deine Jünger fasten nicht?“ (V 14). Sie fasteten, weil sie darunter litten, dass die Nation sich so sehr von Gott entfernt hatte.
Jesus antwortete: „Wie können die Hochzeitsgäste Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten“ (V 15). Es gibt keinen Grund, solange ich hier bin, sagte er – aber er deutete an, dass er schliesslich – gewaltsam – „von ihnen genommen“ würde – dann würden seine Jünger Leid tragen und fasten.
Dann gab ihnen Jesus ein rätselhaftes Sprichwort: „Niemand flickt ein altes Kleid mit einem Lappen von neuem Tuch; denn der Lappen reisst doch wieder vom Kleid ab und der Riss wird ärger. Man füllt auch nicht neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreissen die Schläuche und der Wein wird verschüttet und die Schläuche verderben. Sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche, so bleiben beide miteinander erhalten“ (V 16-17). Jesus kam sicherlich nicht, um die Vorschriften der Pharisäer, wie man ein gottgefälliges Leben zu führen habe, „auszubessern“. Er versuchte nicht, den von den Pharisäern vorgeschriebenen Opfern zusätzlich Gnade hinzuzufügen; er versuchte ebenso wenig, neue Ideen ins bestehende Regelwerk einzuführen. Vielmehr begann er etwas völlig Neues. Wir nennen es den Neuen Bund.
Auferweckung der Toten, Heilung der Unreinen
„Als er dies mit ihnen redete, siehe, da kam einer von den Vorstehern der Gemeinde, fiel vor ihm nieder und sprach: Meine Tochter ist eben gestorben, aber komm und lege deine Hand auf sie, so wird sie lebendig“ (V 18). Hier haben wir es mit einem ganz ungewöhnlichen religiösen Führer zu tun – einem, der Jesus völlig vertraute. Jesus ging mit ihm und erweckte das Mädchen von den Toten (V 25).
Doch bevor er zum Haus des Mädchens gelangte, näherte sich ihm eine andere Person, um geheilt zu werden: „Und siehe, eine Frau, die seit zwölf Jahren den Blutfluss hatte, trat von hinten an ihn heran und berührte den Saum seines Gewandes. Denn sie sprach bei sich selbst: Könnte ich nur sein Gewand berühren, so würde ich gesund. Da wandte sich Jesus um und sah sie und sprach: Sei getrost, meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Und die Frau wurde gesund zu derselben Stunde“ (V 20-22). Die Frau war wegen ihres Blutflusses unrein. Das Gesetz des Moses erlaubte es nicht, dass jemand sie berührte. Jesus hatte eine neue Handlungsweise. Statt sie zu meiden, heilte er sie, als sie ihn berührte. Matthäus bringt es auf den Punkt: Der Glaube hatte ihr geholfen.
Der Glaube hatte bewirkt, dass die Männer ihren gelähmten Freund zu ihm brachten. Der Glaube motivierte Matthäus, seine Arbeitsstelle aufzugeben. Der Glaube brachte einen religiösen Führer dazu, um die Auferweckung seiner Tochter zu bitten, eine Frau dazu, Heilung ihres Blutflusses zu erlangen, und dass Blinde Jesus baten, sehen zu können (V 29). Es gab alle Arten von Leiden, jedoch eine Quelle der Heilung: Jesus.
Die geistliche Bedeutung ist klar: Jesus vergibt Sünden, gibt neues Leben und eine neue Richtung im Leben. Er macht uns rein und hilft uns zu sehen. Dieser neue Wein wurde nicht in das alte Regelwerk des Moses gegossen – dafür wurde ein eigenes Werk geschaffen. Die Mission der Gnade steht im Mittelpunkt des Dienstes Jesu.
von Michael Morrison